Neuer UNO-Chef António Guterres: Harte Zeiten für den Politprofi
Flüchtlinge, Kriege und Konflikte – António Guterres übernimmt das Amt des UN-Generalsekretärs in einer schwierigen Situation.
Blumen für den Neuen: Der kommende Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, ist eine „wunderbare Wahl“. So schwärmt Noch-Amtsinhaber Ban Ki Moon über seinen Nachfolger. Auch andere Offizielle der Weltorganisation und Politiker rund um den Globus loben den 67-jährigen Politfuchs António Guterres: Der Portugiese sei der richtige Mann für den Job an der UN-Spitze, jenen Job, der als einer der unmöglichsten auf dem internationalen Parkett gilt. Anfang Januar wird Guterres im 38. Stockwerk der New Yorker UN-Zentrale das Büro des Generalsekretärs beziehen.
Der frühere Premierminister seines Heimatlandes und Ex-UN-Hochkommissar für Flüchtlinge wird sich in den kommenden fünf Jahren als Krisenmanager beweisen müssen: Etliche Konflikte wie in Syrien, im Irak und im Südsudan erschüttern die Staatengemeinschaft; sie bringen Leid über Millionen Menschen. Niemals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren mehr Menschen auf der Flucht, niemals seit 1945 brauchten mehr Männer, Frauen und Kinder direkte Hilfe zum Überleben. Die Welt, so sagte es der gläubige Katholik Guterres selbst vor anderthalb Jahren, ist „im Krieg“. Und an dieser Lagebeschreibung hat sich nichts geändert.
Als Generalsekretär verfügt der studierte Elektroingenieur Guterres nicht über eigentliche politische Macht – das Entscheidungszentrum der UN bleibt der Sicherheitsrat mit den fünf Vetomächten an den Schalthebeln. Die stärkste Waffe des Generalsekretärs sind Worte, Überzeugungskraft und Beharrlichkeit. Und als Generalsekretär von 193 Mitgliedsländern, „muss ich ihnen allen gleich diesen“, sagt Guterres. Doch natürlich muss sich der Sozialdemokrat besonders mit den Schwergewichten arrangieren: allen voran den USA, dem wichtigsten Mitglied des blau-weißen Clubs der Nationen.
Trump könnte der UNO große Probleme bereiten
Zwar sicherte der Noch-US-Präsident Barack Obama dem designierten UN-Generalsekretär „volle Unterstützung“ zu. Doch von dem kommenden Präsidenten der USA, Donald Trump, sind solche Treueschwüre nicht zu erwarten. Im Gegenteil. Denn Trumps Skepsis gegenüber den UN scheint in offene Verachtung umzuschlagen. Der New Yorker Tycoon, dessen Zentrale ganz in der Nähe des UN-Hauptquartiers liegt, kanzelt den Staatenbund als Schwatzbude ab, in der sich die Emissäre amüsieren. Zuletzt brachte die offene Kritik des UN-Sicherheitsrates an der israelischen Besatzungspolitik Trump in Rage.
Ohnehin liegen zwischen Trump und Guterres politisch und persönlich Welten. Hier der international unerfahrene Selbstdarsteller, der penetrant „Amerika zuerst“ propagiert. Dort der global verdrahtete, polyglotte Staatsmann, der die Kooperation aller Länder beschwört. Trump könnte schon bald nach seinem Einzug ins Weiße Haus im Januar einen der größten UN-Erfolge der letzten Jahre ins Wanken bringen: das Pariser Klimaabkommen. Trump droht mit einem Ausstieg der USA aus dem Vertrag.
Guterres muss aber auch mit den anderen beiden großen Vetomächten im UN-Sicherheitsrat, Russland und China, auskommen. Der designierte UN-Generalsekretär machte bereits wenige Wochen nach seiner Wahl in Moskau und Peking seine Aufwartung. Sowohl Russlands Präsident Wladimir Putin als auch Chinas Präsident Xi Jinping versprachen enge Kooperation.
Doch Russlands Führung zeigte zumal beim Syrien-Konflikt, dass sie sich um eine Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen kaum schert. Moskau gibt in der Syrien-Krise inzwischen fast alleine den Rhythmus aus Gewalt und Gesprächen vor. Und auch Pekings Führung achtet mehr auf die eigenen Interessen als auf das Wohlergehen der Vereinten Nationen.
António Guterres stehen harte Jahre bevor. Zumal er die Agonie der Hilflosigkeit aus seinem früheren UN-Job genau kennt. Zehn Jahre lang stand er an der Spitze des UNHCR. In seine Amtszeit fällt der Beginn der Mittelmeer-Flüchtlingskrise – und mit jedem Jahr stiegen die Zahlen der ertrunkenen Menschen, die sich auf die gefährlichste Route im Mittelmeer gezwungen sehen. Es ist Guterres weder gelungen, die reichen Staaten dazu zu bewegen, mehr Flüchtlinge dauerhaft aufzunehmen, noch gelang es auch nur die Versorgung der Flüchtlinge selbst ausreichend zu finanzieren. Das enge Mandat des UNHCR, der nur die Flüchtlinge selbst versorgen darf, die oftmals noch ärmere Bevölkerung im Aufnahmeland aber nicht, ist so eng geblieben, wie es immer war. Dass Menschen von durch den Klimawandel zunehmende Wetterkatastrophen in die Flucht geschlagen werden, hat Guterres zwar früh zum Thema gemacht, aber Lösungen gibt es für diese Menschen nach wie vor keine. Im Kern seiner künftigen Arbeit werden nun genau die Themen stehen, an denen er sich schon an anderer Stelle fast die Zähne ausgebissen hat.
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