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Sorgt sich um Europa und erteilt der SPD Ratschläge: Sozialphilosoph Jürgen Habermas will Sigmar Gabriel im Kabinett sehen.
© Louisa Gouliamaki/AFP

Wer soll für die SPD ins Kabinett?: Habermas wirbt für Gabriel

Die SPD will über ihre Kabinettsmitglieder erst nach dem Mitgliedervotum entscheiden. Jetzt mischt sich ein prominenter Philosoph in die Debatte.

Nun hat sich sogar Deutschlands bekanntester Sozialphilosoph in die Debatte darüber eingemischt, wen die SPD in ein neues Kabinett schicken soll: Jürgen Habermas fordert, dass Noch-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) der künftigen Regierung angehören müsse. Nur dann könne die deutsche Politik das europäische Projekt so vorantreiben, wie der Koalitionsvertrag das auf Drängen der SPD hin verspreche, schrieb Habermas in der Wochenzeitung "Zeit".
Allerdings zeigt sich die SPD-Führung von solchen Ratschlägen wenig beeindruckt. Noch will sie die Debatte über die Besetzung der sechs sozialdemokratischen Ressorts nicht führen, sondern am Wochenende erst im Parteivorstand über die Erneuerung der Partei reden und dann das Ergebnis des Mitgliederentscheids über den Koalitionsvertrag am Sonntag kommentieren. Wer das Außen-, Finanz-, Arbeits-, Justiz-, Umwelt- und Familienministerium künftig führt, soll erst danach entschieden werden. Allerdings nannte die designierte Parteichefin Andrea Nahles schon ein Kriterium, von dem sie selbst aus leidvoller Erfahrung weiß, dass es auf Gabriel nicht zutrifft: Kandidaten müssten teamfähig sein, verkündete die Fraktionschefin. Gabriel gilt als unberechenbarer, sprunghafter Politiker, der in einem neuen Kabinett den Führungsanspruch von Nahles torpedieren könnte.

Olaf Scholz gilt als Finanzminister als gesetzt, würde aber als Bürgermeister einer weltweit vernetzten Stadt wohl auch im Außenministerium eine gute Figur machen. Die SPD hat aber auch beim Personal Erneuerung versprochen und will mindestens die Hälfte der Ministerposten mit Frauen besetzen. Das macht die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger von Gabriel schwer. Noch-Familienministerin Katarina Barley hat sich selbst als neue Chefdiplomatin ins Spiel gebracht, bringt auf dem Feld der Außenpolitik aber kaum Erfahrung mit. Neben Justizminister Heiko Maas gilt sie aber als sichere Anwärterin auf eine Aufgabe im neuen Kabinett. Das Arbeitsministerium führt sie im Moment kommissarisch. Die SPD wird allerdings auch den Regionialproporz berücksichtigen müssen, vor allem die Landesverbände Nordhrein-Westfalen (NRW) und Niedersachsen melden Ansprüche an. Maas kommt aus dem kleinen Saarland, Barley aus Rheinland-Pfalz, das auch wenig Gewicht auf die Waage bringt. Noch-Umweltministerin Barbara ist NRW-Genossin, allerdings wäre ihre Wiederberufung auch kein Erneuerungssignal.

Auch der Osten hat übrigens Ansprüche angemeldet: Die neuen Länder müssten im Kabinett auf Ministerebene repräsentiert sein, forderten Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider aus Thüringen. Ein Name, der in diesem Zusammenhang genannt wurde, ist Franziska Giffey. Sie führt als Bezirksbürgermeisterin zwar einen Bezirk im Berliner Westen, ist aber in den neuen Ländern aufgewachsen.

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