Plagiatsvorwurf: Guttenberg hat bei Doktorarbeit abgeschrieben
Verteidigungsminister zu Guttenberg wehrt sich gegen Vorwürfe, er habe bei seiner Doktorarbeit getäuscht. Sein Doktorvater nennt die Vorhaltungen "absurd", doch die Beweise sind eindeutig.
Der beliebteste deutsche Politiker gerät weiter unter Druck: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) soll bei seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" ("SZ") gibt es in Guttenbergs Doktorarbeit Passagen, die wörtlich mit Formulierungen anderer Autoren übereinstimmen, ohne dass er dies gekennzeichnet hat. Auch dem Tagesspiegel liegen wörtlich übernommene Passagen vor. FAZ.net berichtete am Nachmittag Guttenberg habe die Einleitung seiner 2007 veröffentlichten Dissertation fast wörtlich aus einem 1997 in der FAZ erschienenen Text der Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig abgeschrieben.
Die Doktorarbeit sei an mehreren Stellen "ein dreistes Plagiat" und "eine Täuschung", sagte der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano. "Die Textduplikate ziehen sich durch die gesamte Arbeit und durch alle inhaltlichen Teile." Er will die Parallelen mit anderen Texten bei einer Routineprüfung entdeckt haben. Fischer-Lescano lehrt an der Universität Bremen Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht. Er ist auch Vertrauensdozent der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Guttenberg sagte der Zeitung: "Ich habe die Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt."
Guttenberg: Vorwurf ist abstrus
"Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei ein Plagiat, ist abstrus", sagte der CSU-Politiker am Mittwoch in Berlin. Er sei aber durchaus bereit, zu prüfen, ob bei über 1200 Fußnoten und 475 Seiten "vereinzelt Fußnoten nicht oder nicht korrekt gesetzt sein sollten". Dies würde bei einer Neuauflage berücksichtigt werden.
Der Doktorvater von Karl-Theodor zu Guttenberg, Prof. Peter Häberle, nahm den CSU-Politiker vor Plagiatsvorwürfen in Schutz. "Der Vorwurf ist absurd, die Arbeit ist kein Plagiat", sagte Häberle der "Bild"-Zeitung. "Sie wurde von mir in zahlreichen Beratungsgesprächen eingehend kontrolliert." Gleichzeitig betonte der inzwischen emeritierte Wissenschaftler: "Herr zu Guttenberg war einer meiner besten Seminaristen und Doktoranden."
Experte: "Ich bin mir sehr sicher, dass der Plagiatsvorwurf stimmt"
"Die beanstandeten Stellen erstrecken sich teilweise über mehrere Seiten und betreffen mehrere Fremdautoren. Ich bin mir sehr sicher, dass der Plagiatsvorwurf stimmt", sagte Felix Hanschmann von der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main dem Tagesspiegel. Zusammen mit Juristen Andreas Fischer-Lescano hat er die Doktorarbeit von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auf mögliche Plagiate hin geprüft. Er befasste sich bereits als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht mit Plagiaten. Mehrere Gerichte hätten in ähnlichen Fällen bestätigt, dass die Aberkennung des Doktortitels rechtmäßig sei.
Auch der Münchner Rechtsprofessor Volker Rieble, Autor des Buchs "Das Wissenschaftsplagiat", hält den Plagiats-Vorwurf für plausibel. "Wenn stimmt, was Herr Fischer-Lescano schreibt, ist das wirklich ein klares Plagiat", sagte er dem Tagesspiegel. Für eine endgültige Beurteilung müsse er aber erst das Buch Guttenbergs näher studieren und die Originalquellen danebenlegen. Der Soziologe Stefan Hornbostel, Leiter des Bonner Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung, forderte gegenüber dem Tagesspiegel, alle Hochschulen sollten bei Doktorarbeiten "systematisch" Plagiatssoftware einsetzen, die zumindest wortgleiche Plagiate erkennen könnten. Prinzipiell müssten sich die Unis fragen, wie sie die Qualitätssicherung bei Promotionen verbessern können.
Fehlende Fußnoten
Bei den Vorwürfen geht es um eine Textpassage aus einem Bericht der "NZZ (Neue Zürcher Zeitung) am Sonntag" vom 22. Juni 2003, eine Passage aus einem Aufsatz des Politikwissenschaftlers Hartmut Wasser sowie aus der schriftlichen Fassung eines Vortrags des Politologen Wilfried Marxer am Liechtenstein-Institut von 2004. Die wörtlich übernommenen Passagen seien nicht als Fremdmaterial gekennzeichnet.
Ein Sprecher des Verteidigungsministers sagte: "Diese Recherche wurde bereits an den Ombudsman für wissenschaftliche Selbstkontrolle der Universität Bayreuth übermittelt." Das sei dafür auch die richtige Stelle. Guttenberg sagte der SZ: "Dem Ergebnis der jetzt dort erfolgenden Prüfung sehe ich mit großer Gelassenheit entgegen." Der heute 39 Jahre alte CSU-Politiker hatte seine Doktorarbeit 2006 an der juristischen Fakultät in Bayreuth abgegeben. 2007 wurde er mit der Bestnote summa cum laude zum Dr. jur. promoviert.
Grünen-Chefin Claudia Roth sagte der "Leipziger Volkszeitung", für Guttenberg gelte bis zu einem Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung. Sie sagte aber auch: "Wenn man schon abschreibt, dann sollte man sich wenigstens nicht erwischen lassen." Der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis nahm Guttenberg in Schutz.
"Er wird von allen Seiten angegriffen, weil er ein so hohes Ansehen in der Bevölkerung hat", sagte Geis der "Mitteldeutschen Zeitung" aus Halle. Laut "SZ" prüft der Ombudsmann Diethelm Klippel in Bayreuth die Vorwürfe. Guttenbergs Dissertation trägt den Titel "Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU". Guttenberg wirbt auf seiner Webseite mit Werten wie Verantwortung und Vertrauen für sich. (dpa/Tsp)
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