Stuttgart 21: Gutachter bewerten Stresstest als bestanden
Die Bahn hat im Streit um Stuttgart 21 eine entscheidende Hürde genommen. Das Gutachten zum Stresstest für das Bauprojekt hat die Leistungsfähigkeit des geplanten unterirdischen Durchgangsbahnhofs bestätigt.
Da nutzt auch wiederholtes Nachfragen nichts: Ob die Grünen denn nun den Stresstest akzeptierten, lautet die Frage an Fraktionschefin Edith Sitzmann. Aber sie weicht aus, immer wieder. Zu einem klaren Ja können sich die Grünen nicht durchringen. Noch nicht. Ganz anders ihr Kollege Claus Schmiedel von der SPD, der daneben steht und das Gegenteil sagt: Ja, er sei erleichtert über das Testat. Die Dissonanzen in der grün-roten Koalition sind deutlich, „es ist klar, dass wir unterschiedliche Positionen haben“, sagt Sitzmann.
Hinter den Kulissen sorgt sich Grün-Rot allerdings um die eine, die gemeinsame Stimme, mit der eine Landesregierung sprechen muss. Verheerend, heißt es, wäre ein Statement vom grünen Regierungschef Winfried Kretschmann und ein zweites, anderslautendes von seinem SPD-Vize Nils Schmid. Also sagt man am Donnerstag lieber gar nichts und steckt den Kopf in das 200 Seiten starke Abschlussdokument. Darin bescheinigt die SMA der Bahn: „Der ganze Prozess zeugt von hoher Professionalität. Alle bekannten Regeln einer Simulation sind eingehalten worden“. Systemfehler, die das Ergebnis kippen könnten, schließen die Schweizer Experten aus.
All dies hatten noch wenige Stunden vor der Übergabe die im Aktionsbündnis zusammengeschlossenen Gegner unterstellt. Aus Sicht von Hannes Rockenbauch, Stuttgarter Stadtrat und Sprecher des Bündnisses, hat die Bahn nicht alle Fakten auf den Tisch gelegt, Störfälle auf den kilometerlangen Tunnelstrecken seien entgegen der Vorgaben des Schlichters in der Computersimulation nicht berücksichtigt worden. Die Bahnhofsgegner wollen an der geplanten öffentlichen Präsentation mit Schlichter Heiner Geißler nicht teilnehmen. Was die Bahn umgehend bedauerte, man hätte alle Beteiligten gerne bis zur letzten Runde dabeigehabt. Projektsprecher Wolfgang Dietrich allerdings ergänzte, das Aktionsbündnis vertrete ja nur einen kleinen Teil der Bevölkerung. Der große Teil soll nun voraussichtlich am kommenden Dienstag von Geißler informiert werden. Allerdings steht die Dokumentation bereits im Netz.
Klar ist: Eine teure Erweiterung des Untertage-Bahnhofs um zwei Gleise ist unnötig, „die geplanten acht Gleise genügen für einen stabilen Betrieb“. Bestätigt wird auch, dass der Bahnhof kein Flaschenhals wird. Zwar verlieren die ein- und ausfahrenden Züge gegenüber dem Kopfbahnhof etwas Zeit, aber „die teilweise langen Haltezeiten tragen zu einem Abbau von Verspätungen bei“. Deshalb wird Stuttgart 21 mit einer „wirtschaftlich optimalen Betriebsqualität“ bewertet, der zweitbesten Note. Ein besseres Urteil wäre möglich, wenn Verspätungen nicht nur leicht, sondern massiv abgebaut worden wären.
Für Schmiedel ist das ohnehin Theorie. Denn der Stresstest bezieht sich auf eine besonders verkehrsstarke Zeit am Morgen. So viele Züge, wie in der Simulation verkehren, „werden in den nächsten 30 oder 40 Jahren sicher nicht bestellt“. Soll heißen, der Bahnhof hat auf lange Sicht Reservekapazitäten.