Rente: Günstige Prognose
Die Renten könnten im kommenden Jahr um 2,3 Prozent im Westen und 3,2 Prozent im Osten steigen. Und für die Beitragszahler gibt es auch gute Nachrichten.
Berlin - Gute Nachrichten für die mehr als 20 Millionen Rentner in Deutschland: Der Aufschlag, den sie Mitte 2012 zu erwarten haben, könnte so hoch ausfallen wie selten zuvor. Er rechne mit einem Rentenplus von knapp 2,3 Prozent in den alten und 3,2 Prozent in den neuen Bundesländern, sagte der Präsident der Deutschen Rentenversicherung, Herbert Rische, in Würzburg. Für den Durchschnittsrentner mit 45 Beitragsjahren im Westen bedeutet das monatlich knapp 28,50 Euro mehr im Portemonnaie, im Osten gibt’s sogar rund 35 Euro obendrauf.
In seiner Schätzung bezieht sich Rische auf die aktuellen Daten zu Lohnentwicklung und Arbeitsmarkt. Endgültig entscheidet die Bundesregierung erst im Frühjahr. Wenn die Prognose stimmt, wäre die Anpassung für Westrentner die zweithöchste seit 1994, für Ostrentner seit 1997. Im vergangenen Juli stiegen die Renten nur um 0,99 Prozent und im Krisenjahr 2010 überhaupt nicht.
Der Grund für die überraschend hohe Steigerung liegt laut Rische in der guten Lohnentwicklung. Sie sei im Westen für 3,2 und im Osten für 3,3 Prozentpunkte der Anpassung verantwortlich. Hinzu kommt der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor, der Änderungen im Zahlenverhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern berücksichtigt und ebenfalls um gut zwei Punkte rentensteigernd wirkt. Das hat mit der niedrigen Arbeitslosenzahl ebenso zu tun wie mit dem Umstand, dass nun geburtenschwache Nachkriegsjahrgänge das Rentenalter erreichen. Einen derartigen „Ausschlag“ dieses Faktors nach oben habe es noch nie gegeben, sagte der rentenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU), und sprach von einer sensationellen Entwicklung.
Allerdings gibt es auch im kommenden Jahr rentendämpfende Mechanismen. Einer davon ist der Riesterfaktor – der die Rentner seit 2003 für die Belastung der Beschäftigten mit privater Zusatzvorsorge „bestraft“. Er mindert die Rentenerhöhung des nächsten Jahres um 0,65 Prozentpunkte. Und weil ihn die Regierung 2008 und 2009 ausgesetzt hat und den „Kredit“ nun wieder hereinbringen muss, gibt es weitere Abzüge. Ohne würde die Rentenerhöhung im Westen stolze 4,55 und im Osten 4,7 Prozent betragen. Dafür ist die Schuld für Ostrentner dann endgültig abgebaut. Nur die Ruheständler im Westen haben im Jahr 2013 noch 0,64 Prozent abzustottern.
Insgesamt erhalten die Rentner der Prognose zufolge im zweiten Halbjahr 2012 zwei Milliarden Euro mehr als bisher. Da die Preissteigerung bei mehr als zwei Prozent liege, werde aber ein Gutteil der zusätzlichen Kaufkraft von der Inflation aufgezehrt, gab Rische zu bedenken.
Vor allem mit Blick darauf sind die Rentnerverbände alles andere als zufrieden. Die Erhöhung werde „bei Weitem die Einbußen nicht ausgleichen, die die Rentnerinnen und Rentner in den letzten Jahren verkraften mussten“, sagt die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, – und fordert die Aussetzung des Riesterfaktors. Ähnlich äußert sich der ostdeutsche Bundesverband Volkssolidarität. „Die Kürzungsfaktoren bei den Rentenanpassungen sorgen weiter dafür, dass Rentnerinnen und Rentner zu wenig an der Wohlstandsentwicklung teilhaben“, betont Präsident Gunnar Winkler.
Die Verbände wenden sich auch gegen den Automatismus, mit dem der Rentenbeitrag im kommenden Jahr von 19,9 auf 19,6 Prozent, 2013 auf 19,2 Prozent und ab 2014 auf 19,1 Prozent sinken soll. Die gestiegenen Rücklagen könnten sinnvoller zur Bekämpfung von Altersarmut eingesetzt werden, argumentieren sie. Die Linkspartei nennt es angesichts der zu erwartenden Probleme geradezu „unverantwortlich“, die Überschüsse „für eine Mini-Entlastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zu verpulvern“. Im Schnitt betrage sie doch nur 3,80 Euro pro Arbeitnehmer. Doch Rische besteht auf der Senkung. Die Altersarmut, sagt er, müsse aus Steuern bezahlt werden.