Niedersachsen: Grünen-Politiker: Twesten sprach über "unmoralisches Angebot" der CDU
Die Schlammschlacht um Überläuferin Twesten geht weiter. Und Niedersachsens Ministerpräsident Weil will eine Neuwahl parallel zur Bundestagswahl.
- Antje Sirleschtov
- Rainer Woratschka
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) will auch nach einer Neuwahl mit den Grünen weiter regieren. "Ich habe den Eindruck, dass die Wählerinnen und Wähler wissen, was sie an der rot-grünen Landesregierung haben und würde mich freuen, wenn wir zusammen mit den Grünen weitermachen könnten“, sagte er dem Tagesspiegel.
Derweil steuert Niedersachsen nach dem Ende der rot-grünen Regierung auf vorgezogene Neuwahlen zeitgleich mit der Bundestagswahl zu. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte am Wochenende, es wäre ihm "sehr recht", wenn beide Wahlen am 24. September zusammen stattfinden könnten. Zuvor hatte bereits CDU-Landeschef Bernd Althusmann für das Datum plädiert. Am Montag will Weil mit allen Fraktionen im Landtag das weitere Vorgehen besprechen.
Die ehemalige niedersächsische Grünen-Abgeordnete Elke Twesten soll schon im Juni mit einem Parteikollegen über Avancen der CDU gesprochen haben. „Ich sprach mit ihr im Plenarsaal, weil sie die Abstimmung in ihrem Wahlkreis verloren hatte“, sagte Helge Limburg, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, der Deutschen Presse-Agentur. Twesten habe dann zu ihm gesagt: „Du weißt, dass ich ein unmoralisches Angebot von der CDU habe?“ Eine Konkretisierung, worin das Angebot bestehe, habe es aber nicht gegeben, sagte Limburg. Er habe das Ganze als abwegig betrachtet und sei nicht darauf eingegangen.
Vor dieser Äußerung hatte Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann SPD und Grüne in der Debatte um das politische Wechselmanöver in Hannover der Verleumdung bezichtigt. „Jegliche Legendenbildung, wir hätten die Abgeordnete Twesten zum Übertritt bewegt, sind definitiv falsch und verleumderisch“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Es habe „keinerlei Versprechungen“ gegeben.
Auch die Auslöserin der Regierungskrise bestritt vehement, von Lockangeboten zum Wechsel zur Union verleitet worden zu sein. Es sei „niederträchtig, zutiefst beleidigend und menschlich unanständig“, wenn ihr Parteifreunde unterstellten, sie habe sich vom politischen Gegner kaufen lassen, sagte Elke Twesten. Die Landtagsabgeordnete hatte am Freitag ihren Austritt aus der Grünen-Fraktion verkündet und erklärt, sie sehe ihre Zukunft in der CDU. Dadurch verlor das rot-grüne Bündnis von Regierungschef Stephan Weil (SPD) seine Einstimmen-Mehrheit.
Sie fühlte sich nicht ernst genommen
Twesten warf den Grünen vor, ihre Kritik am Kurs der Partei nicht ernst genommen zu haben. So habe sie verlangt, dass die Grünen ihre Haltung zu Fragen der inneren Sicherheit angesichts der neuen Gefährdungslage überdenken. „Wer als politische Partei die Ideologie über die tatsächlichen Erfordernisse stellt, entfernt sich von den Menschen und deren Realität.“ In der Fraktionsspitze seien ihre Anregungen aber auf taube Ohren gestoßen, so Twesten. Grün-geführte Ministerien hätten ihre Fragen nicht ausreichend beantwortet. Und man habe ihr das Gefühl gegeben, „ein politischer Störfaktor“ zu sein. Dass sie in ihrem Wahlkreis nicht wieder aufgestellt wurde, habe dann „das Fass zum Überlaufen“ gebracht.
SPD und Grünen unterstellen der CDU, den Wechsel mit „unmoralischen Angeboten“ befördert zu haben. Twestens Äußerungen, sich eine Zukunft im Bundestag oder im Europaparlament vorstellen zu können, ließen darauf schließen, hieß es. Der Chef der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann verlangte, „den konkreten Verlauf der Gespräche und Absprachen öffentlich zu machen. Und der Göttinger Grünen-Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin behauptetet rundheraus, die Union habe den Wechsel „mit dem Instrument des Stimmenkaufs“ gestützt – worauf ihn Niedersachsens CDU-General Ulf Thiele aufforderte, diese „Falschaussage umgehend zurückzunehmen“.
Twesten habe Respekt für „ihre nicht einfache Entscheidung“ verdient, meinte Althusmann. „Gerade die Grünen, die so gern moralisieren, sollten ein wenig mehr Respekt vor einer Gewissensentscheidung zeigen.“ (mit dpa)