Urwahl der Parteimitglieder: Grüne ziehen mit Özdemir und Göring-Eckardt in Bundestagswahlkampf
Nur 75 Stimmen machen den Unterschied. Nach wochenlanger Wahlkampf-Tour der Kandidaten steht fest, wer die Grünen in die Bundestagswahl führt. Ein Zittersieg für den Parteichef.
Die Grünen ziehen mit Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt als Spitzenkandidaten in den Bundestags-Wahlkampf. Die Parteimitglieder entschieden sich damit in der Urwahl ihres Spitzenduos für einen bürgerlichen Kurs der Mitte. Beide Politiker gelten als mögliche Wegbereiter einer Koalition mit CDU und CSU im Bund, betonen aber die Eigenständigkeit der Grünen im Wahlkampf. Bundestags-Fraktionschefin Göring-Eckardt hatte als einzige Bewerberin den Frauenplatz im Spitzenduo sicher, wurde aber mit 70,63 Prozent von der Basis klar bestätigt.
Parteichef Cem Özdemir schnitt bei den Männern mit 35,96 Prozent extrem knapp am besten ab. Robert Habeck, Umweltminister in Schleswig-Holstein, holte nur 75 Stimmen weniger und kam auf 35,74 Prozent. Fraktionschef Anton Hofreiter vom linken Flügel der Partei bekam 26,19 Prozent. „Das ist das richtige Duo für diese Zeit“, sagte der Geschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, am Mittwoch bei der Präsentation des Wahlergebnisses. Beide seien durch Umbrüche geprägt, Göring-Eckardt als Ostdeutsche, Özdemir als Kind türkischer Einwanderer.
Die beiden Spitzenkandidaten sollten erst am frühen Nachmittag in Berlin vor die Kamera treten. Habeck wolle dasknappe Ergebnis nicht anfechten, sagte Kellner. Die Grünen suchen in der Regel an der Spitze den Ausgleich zwischen dem linken und dem bürgerlichen Parteiflügel. Bei der ersten Basis-Wahl der Spitzenkandidaten hatten sie Göring-Eckardt an die Seite des Parteilinken Jürgen Trittin gestellt. Bei der Bundestagswahl holte das Duo nur enttäuschende 8,4 Prozent, die Grünen zogen sich im Wahlkampf ein Image als Partei der Steuererhöhungen und Bevormundung zu.
Viele schrieben das vor allem dem Kurs Trittins zu. An der Urwahl hatten sich 59 Prozent der knapp 61 000 Parteimitglieder beteiligt, etwas weniger als vor vier Jahren. Die Spitzenkandidaten von der Basis wählen zu lassen, war damals ein Weg, parteiinternen Streit zu vermeiden. Nach Darstellung der Grünen mobilisert das Verfahren Mitglieder und Anhänger. Die Partei hat in den vergangenen Monaten Mitglieder gewonnen. (dpa)