Klausurtagung in Weimar: Grüne wollen bis 2036 keine klimaschädlichen Fahrzeuge mehr
Die Grünen werfen der Regierung vor, den Ausstieg aus den Verbrennungsmotoren und den Einstieg in die Elektromobilität zu verschlafen. Sie selbst fordern weitere Maßnahmen.
Die Grünen im Bundestag wollen in den nächsten zwei Jahrzehnten klimaschädliche Fahrzeuge von den Straßen in Deutschland verbannen. „Wir Grüne wollen weg vom Öl im Straßenverkehr in den nächsten 20 Jahren“, heißt es in einem Beschluss, den die Bundestagsfraktion zum Abschluss ihrer Klausur in Weimar gefasst hat. Das bedeutet, dass ab 2036 keine neuen Autos mehr mit Diesel- oder Benzinmotor produziert werden sollen. Die Abgeordneten fordern den Einstieg in eine "grüne Mobilität", unter anderem mit Elektromobilen, einer Verdoppelung von Bus- und Bahnangweboten und der Vernetzung aller Verkehrsmittel. "Wir wollen Städte, die Fahrradfahrern und Fußgängern ausreichend Raum geben und die frei sind von giftigen Abgasen", heißt es in dem Papier weiter.
Die klimaschädlichen CO2-Emissionen im Verkehrsbereich seien heute nicht niedriger als vor zehn Jahren, stellen die Grünen fest. Der Bundesregierung werfen sie vor, den Ausstieg aus den Verbrennungsmotoren und den Einstieg in die Elektromobilität zu verschlafen. Unter Schwarz-Rot sei der Pro-Kopf-Ausstoß des Treibhausgases CO2 in Deutschland trotz des jahrelangen Booms Erneuerbarer Energien kaum gesunken. Die große Koalition schütze "nicht das Klima, sondern die Interessen der Autoindustrie, der Energiekonzerne und der Agrarfabriken", heißt es in dem Papier weiter. Der VW-Abgas-Skandal habe gezeigt, wie weit die "Kumpanei" zwischen Autoindustrie und schwarz-roter Regierung gehe.
Um die Verkehrswende voranzubringen, fordert die Bundestagsfraktion eine Kaufprämie für die Anschaffung von Elektromobilen. Besondere Anreize müsse es dabei für die Umstellung von Bussen, Nutzfahrzeugen, Taxis und anderen Fahrzeugflotten auf Elektromobile im innerstädtischen Bereich geben. Nach drei Fahrzeuggenerationen soll nach dem Willen der Grünen der Umstieg geschafft sein. Für eine Fahrzeuggeneration werden rund sieben Jahre veranschlagt.
Die deutschen Klimaziele
Damit der Klimaschutz vorankommt, setzt sich die Bundestagsfraktion darüber hinaus für eine Agrarwende mit einem Ausstieg aus der industriellen Massentierhaltung ein. Weltweit gingen rund ein Drittel aller klimaschädlichen Gase auf das Konto der Landwirtschaft. Ein Klimaschutzgesetz soll nach dem Willen der Grünen bis 2050 jährliche Zielvorgaben für die Sektoren Stromerzeugung, Verkehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft festlegen und mit "konkreten Klimaschutzmaßnahmen" versehen. Die Grünen wollen außerdem den Klimaschutz als Staatsziel im Grundgesetz verankern.
Die Abgeordneten halten außerdem eine "systematische Begrünung" des Finanzsystems für notwendig. Noch fließe zu viel Geld in fossile Industrien. Dafür sei "volle Transparenz" über die Klimawirkung von Investitionen notwendig, damit Anleger wissen, wohin ihr Geld fließt. Für die staatlich geförderte Altersvorsorge in Deutschland soll es "Mindestkriterien" geben, damit keine klimaschädlichen Investitionen gefördert werden.
Damit Deutschland seine selbst gesteckten Klimaziele erreicht, müsste die große Koalition nach Angaben der Grünen-Bundestagsfraktion ihre Aktivitäten verdreifachen. Bis 2020 sollen der Ausstoß der Treibhausgase um 40 Prozent gesenkt werden. Davon seien bislang nur 27 Prozent erreicht, rechnen die Grünen vor. Es sei "absehbar, dass Deutschland die Klimaziele krachend verfehlen wird". Zu Gast bei der Klausur war der Chef des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans-Joachim Schellnhuber. Es sei ein "enormer Fortschritt", dass es beim Klimagipfel in Paris eine völkerrechtliche Festlegung gegeben habe, die globale Erderwärmung auf unter zwei Grad begrenzen zu wollen, sagte er. "Wir wissen natürlich, das Völkerrecht auch gebrochen wird", fügte er hinzu. Bei einer Erderwärmung von 1,6 Grad könnten die Eismassen in Grönland komplett schmelzen, erklärt der Klimaforscher.
Auch bei 1,4 oder 1,5 Grad können schon "viele schreckliche Dinge passieren". Aus seiner Sicht sei das "Great Barrier Reef" vor der Küste Australiens - das größte Korallenriff der Erde - wegen des Klimawandels nicht mehr zu retten. Es müsse jetzt darum gehen, die Dekarbonisierung voranzubringen, mahnte Schellnhuber eindringlich. "Wir stehen in diesem Jahrzehnt am Scheideweg für die menschliche Zivilisation."