Vorwürfe gegen Volker Beck: Grüne Flucht nach vorn
Die Pädophilie-Debatte beschäftigt die Grünen weiter. Volker Beck, selbst seit Jahren scharf kritisiert für einen Gastbeitrag, veröffentlicht nun das Typoskript des Textes. Und geht damit in die Offensive.
Wenige Tage vor der Bundestagswahl versucht Volker Beck, die Flucht nach vorne anzutreten und in der Pädophilie-Debatte nicht als Getriebener zu erscheinen wie Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin. Der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion veröffentlichte am Freitag ein Dokument von 1988, das laut Beck das Typoskript für seinen Gastbeitrag in dem Sammelband „Der pädosexuelle Komplex“ war. Die Grünen, ohnehin im Umfragetief, stehen seit Anfang der Woche zusätzlich unter Druck, weil Trittin 1981 presserechtlich verantwortlich war für ein Kommunalwahlprogramm, das pädophilenfreundliche Forderungen enthielt.
Beck war wegen des Beitrags in den vergangenen Jahren scharf angegriffen worden. Er hatte sich damals für eine Entkriminalisierung von sexuellen Kontakten zwischen Erwachsenen und Kindern ausgesprochen. Seine Thesen bezeichnete er später als „abwegigen Stuss“, brachte zu seiner Verteidigung aber auch vor, pädophilen-kritische Passagen seien herausredigiert worden. Diese Behauptung erweist sich nun als angreifbar, denn es wurden offenbar nur Überschriften geändert.
Die Göttinger Wissenschaftler Franz Walter und Stephan Klecha, die im Auftrag der Grünen den Einfluss pädophiler Strömungen auf die Partei in ihren Gründungsjahren untersuchen, sind im Zuge ihrer Recherchen auf ein Dokument gestoßen, das im Wesentlichen dem Aufsatz in dem Sammelband entspricht, geändert wurden lediglich die Überschrift und Zwischentitel. Walter und Klecha wollen den Fund noch nicht bewerten, weil bei dem aufgefundenen Manuskript bislang nicht zweifelsfrei geklärt sei, ob dieses auch Beck zuzurechnen sei.
Volker Beck froh über Fund des Typoskripts
Der Grünen-Politiker erklärte, er sei „froh“, dass das Typoskript gefunden wurde. Es bestätige seine Annahme, dass der Text im Buch verändert wurde. So kommt in der etwas länglichen Überschrift der Ursprungsversion auch die Formulierung „Abschied von einer „radikalen“ Forderung“ vor – gemeint war die Forderung von Teilen der Schwulen-Bewegung, das Sexualstrafrecht komplett abzuschaffen. In dem Sammelband steht der Aufsatz nur noch unter der Überschrift „Das Strafrecht ändern? Plädoyer für eine realistische Neuorientierung der Sexualpolitik“.
Volker Beck distanziert sich von frühen Aussagen
Beck lehnt in dem Aufsatz die Abschaffung des Sexualstrafrechts ab und verweist auf die „Diskussion der Frauenbewegung über den sexuellen Missbrauch von Kindern, insbesondere von Mädchen“. Gleichzeitig ging er davon aus, dass es unproblematischen gewaltfreien Sex zwischen Erwachsenen und Kindern geben könne. „Von dieser falschen Grundannahme war der Text geprägt“, erklärt Beck: „ Dafür entschuldige ich mich jetzt nach Vorliegen des Originalmanuskripts nochmals aufrichtig und distanziere mich erneut.“