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NRW-Spitzenkandidatin der Grünen: Sylvia Löhrmann, der Landesvorsitzende Sven Lehmann (links), sowie Umweltminister Johannes Remmel
© dpa/Federico Gambarini

Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen: Grüne bangen um Rückkehr in NRW-Landtag

In Nordrhein-Westfalen könnten die Grünen aus dem Landtag fliegen. Um wenigstens ihre Stammwähler zu erreichen, skizziert die Partei, was ohne sie fehlen würde.

Bei den Grünen in Nordrhein- Westfalen wächst die Sorge, dass die Partei bei der Wahl am 14. Mai aus dem Landtag fliegen könnte. „Es kann sein, dass es auch unter fünf Prozent geht“, sagte Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann am Dienstag bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Es stelle sich die Frage, „ob die Grünen in diesem Parlament vertreten sein werden“, mahnte die stellvertretende Ministerpräsidentin.

Angesichts der schlechten Umfragewerte setzen die Grünen in der Schlussphase des Wahlkampfs vor allem auf die Mobilisierung ihrer Kernwähler und werben noch offensiver als bisher um Zweitstimmen. „Viele Menschen verlassen sich darauf, dass es am Ende für uns Grüne reichen wird – aber das ist falsch. Am Ende können wenige Stimme entscheiden, jede Zweitstimme für Grün zählt“, heißt es in einem Wahlaufruf, den die Partei über die sozialen Netzwerke verbreitet. Dort skizzieren die Grünen auch, was aus ihrer Sicht fehlen würde, wenn sie nicht mehr im Landtag vertreten wären – nämlich „Menschlichkeit und Haltung“. Stattdessen würden „Hass und Hetze“ übernehmen, das sei nicht nur eine Gefahr für die Grünen, „sondern auch für die Demokratie an sich“.

Nach der Ausrufung von Martin Schulz zum SPD-Kanzlerkandidaten sind die NRW-Grünen in den Umfragen spürbar abgesackt, seit Mitte März verharren die Werte bei nur noch sechs Prozent. Das wäre nahezu eine Halbierung des Ergebnisses aus dem Jahr 2012, damals waren die Grünen mit 11,3 Prozent in den Landtag eingezogen. Noch vor dem Jahreswechsel waren sie zuversichtlich gewesen, ein zweistelliges Ergebnis erzielen und drittstärkste Kraft im Düsseldorfer Landtag werden zu können.

Seit sieben Jahren regieren die Grünen in Nordrhein-Westfalen unter Führung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft mit den Sozialdemokraten. Als Architektin des Bündnisses gilt Löhrmann, die ihre SPD-Kollegin nach der Landtagswahl 2010 überzeugte, zunächst eine Minderheitsregierung zu bilden. Zwei Jahre später erreichten SPD und Grüne bei der Neuwahl dann eine eigene Mehrheit. Doch die ist nun angesichts der Grünen-Schwäche wieder in Gefahr.

Die Partei rätselt über die Grüne für den Absturz

Warum die Partei in den letzten Wochen in der Beliebtheit bei den Bürgern abgestürzt ist – dafür hat Löhrmann keine wirkliche Erklärung. Man habe keine landespolitische Entscheidung für den Rückgang identifizieren können, beteuert die Spitzenkandidatin. „Ende Januar waren wir noch zweistellig“, sagt sie.

Bei den Bundes-Grünen bemängelt manch einer, dass sich die Landespartei zu wenig vom Koalitionspartner abgesetzt habe. Löhrmann sei lange viel zu kollegial mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft umgegangen, heißt es dort. Bei den NRW-Grünen hingegen beschwert man sich über den negativen Bundestrend, der sich nun auch auf die Umfragewerte der Landespartei auswirke.

Hinzu kommt: Mit der Bildungspolitik verantwortet Löhrmann ein Ressort, in dem man nur schwer punkten kann. Als Ministerin werde sie nun für jede ausgefallene Unterrichtsstunde verantwortlich gemacht, heißt es bei den Grünen. Während es Anfang der Wahlperiode aus der Opposition Lob für den von Löhrmann ausgerufenen Schulfrieden gab, schießen sich nun Union und vor allem die FDP auf die rot-grüne Bildungspolitik ein. Deutlichen Gegenwind bekommt Löhrmann auch bei der Inklusion von behinderten Schülern zu spüren.

Die NRW-Grünen schließen Jamaika aus

Um ihr Profil zu schärfen, machen die Grünen nun in der heißen Wahlkampfphase noch einmal deutlich, mit wem sie nach der Landtagswahl auf keinen Fall regieren wollen. Auf einem kleinen Parteitag eine Woche vor der Wahl soll formell ausgeschlossen werden, was Grünen-Landeschef Sven Lehmann schon vor Wochen angekündigt hatte: So soll es keine Zusammenarbeit mit der „marktradikalen FDP“ in einer Jamaika-Koalition mit der CDU geben. In Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes drehe CDU-Chef Armin Laschet das Rad um viele Jahre zurück, kritisiert Löhrmann. „Dieser Politik werden wir sicher nicht zum Erfolg verhelfen“, kündigte sie an. Ehemalige Grünen-Wähler, die nun mit der SPD liebäugeln, warnt Löhrmann außerdem, sie würden sozialliberal oder „die große Koalition des Stillstands“ wählen.

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