Bundesregierung: Große Koalition streitet weiter über Grundrente
Sechs Stunden sitzen die Koalitionsspitzen zusammen. Nach außen dringt nur soviel: Die Grundrente bleibt umstritten.
Die Spitzen der großen Koalition haben in rund sechsstündigen Beratungen ihren Streit über die geplante Grundrente nicht beilegen können. CSU-Chef Markus Söder erteilte dem Vorschlag von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), auf eine Bedürftigkeitsprüfung zu verzichten, am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin" eine Absage. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, bestand hingegen in der Sendung darauf, dass sich die Betroffenen nicht "vor dem Sozialamt entblättern" müssen.
Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten sich am Mittwochabend im Kanzleramt getroffen und ihre Gespräche gegen Mitternacht beendet. Die Grundrente war ein zentrales Thema des Koalitionsausschusses. Sie ist für Menschen mit vielen Rentenbeitragsjahren gedacht, die als Geringverdiener trotzdem nur niedrige Rentenansprüche haben. Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, vor einer Auszahlung die Bedürftigkeit der Betroffenen zu überprüfen. Heils Konzept enthält aber keine solche Prüfung.
Söder sagte im "Morgenmagazin", die Bedürftigkeitsprüfung sei "eigentlich eine Gerechtigkeitsprüfung". Es könne daher "nicht sein, dass jemand, der lange gearbeitet hat, dieselbe Situation hat, wie jemand, der nur ein bisschen gearbeitet hat oder zum Teil großes Vermögen hat", kritisierte er. Daher sei er dafür, "der SPD so eine Art Denkpause zu geben".
Zugleich warb er für andere Ideen in Zusammenhang mit der Grundrente: "Lassen Sie uns höhere Freibeträge finden, was das Zuverdienen betrifft, und lassen Sie uns selbstgenutztes Eigentum wie ein Wohnhäuschen eher verschonen", schlug er vor. Söder verwies darauf, dass viele Menschen, die lange für ein kleines Eigenheim gespart hätten, nun Angst hätten, "dass dieses Heim verpfändet werden muss".
SPD beharrt auf Lösung ohne Bedürftigkeitsprüfung
Schneider hingegen beharrte auf einer Lösung ohne Bedürftigkeitsprüfung. Es gehe darum, dass jemand, der 35 Jahre gearbeitet habe, von seiner Rente "halbwegs anständig" leben könne, sagte er im "Morgenmagazin". Gerade im Osten seien die Löhne lange Zeit extrem niedrig gewesen, teilweise habe es Stundenlöhne von nur drei bis vier Euro gegeben.
Die SPD wolle, dass die Betroffenen die nötigen Leistungen erhielten, ohne sich vor den Behörden "entblättern" zu müssen, betonte Schneider. Die Union sei bisher anderer Auffassung. Darüber werde "in den nächsten Monaten" zu reden sein. Auch eine "gesellschaftliche Diskussion" solle darüber geführt werden.
Zur Frage der Finanzierung sagte Schneider, die Grundrente werde etwa fünf bis sechs Milliarden Euro kosten. Dies sei bei einem Gesamtvolumen des Bundeshaushalts von rund 350 Milliarden Euro "locker machbar".
Für den Koalitionsausschuss waren noch weitere Themen vorgesehen, zu denen sich CDU, CSU und SPD auf eine gemeinsame Linie verständigen müssen. Im Vorfeld waren von Koalitionsvertretern etwa der Soli-Abbau sowie der Klimaschutz und die Zukunft des Automobilstandorts Deutschland genannt worden. Darüber hinaus stand der INF-Abrüstungsvertrag auf der Tagesordnung, nachdem die USA und Russland aus dem Abkommen ausgestiegen sind. Außerdem wollten Union und SPD über ihre Vorhaben für das Jahr 2019 sprechen.
An den Sitzungen des Koalitionsausschusses nehmen außer der Kanzlerin in der Regel die Partei- und Fraktionsvorsitzenden teil. Je nach den behandelten Themen werden auch die zuständigen Fachminister hinzugerufen.
Die Sitzung am Mittwochabend war die erste, in der die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, CSU-Chef Markus Söder und SPD-Chefin Andrea Nahles als Parteivorsitzende im Koalitionsausschuss aufeinander trafen. Söder wurde im Januar zum Parteichef gewählt, Kramp-Karrenbauer löste Merkel im Dezember an der CDU-Spitze ab. (AFP)
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