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Warten auf die Verkündung der GroKo: Mikrofone der Fernsehstationen stehen vor dem Willy-Brandt-Haus
© dpa/Kay Nietfeld
Update

Regierungsbildung von Union und SPD: GroKo-Verhandlungen gehen in zweite Verlängerung

CDU, CSU und SPD ringen zäh um eine Einigung auf einen Koalitionsvertrag. Es hakt vor allem noch bei Gesundheit und beim Arbeitsrecht. Nun soll am Dienstag weiter verhandelt werden.

Zum Schluss hakt es nochmals gewaltig bei den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. Beide Seiten vertagten am Montagabend einen Abschluss ihrer Beratungen zum zweiten Mal. An diesem Dienstag soll es in der CDU-Zentrale weitergehen. Das dürfte darauf hinaus laufen, dass der Koalitionsvertrag erst an diesem Mittwoch der Öffentlichkeit präsentiert wird. Auf jeden Fall wollen Union und SPD mit ihren Verhandlungen vor Weiberfastnacht am Donnerstag durch sein. Zugleich wird weiter über die politische Zukunft von SPD-Chef Martin Schulz diskutiert.

Die Knackpunkte seien Finanzen, Gesundheit, Arbeitsrecht und Außenpolitik, sagte CDU-Vize Julia Klöckner. Nach Informationen aus Teilnehmerkreisen hatte die Union der SPD in den Gesprächen am Montag deutlich gemacht, dass man deren Wünschen in diesen Bereichen nicht so weit entgegenkommen könne, wie dies die Sozialdemokraten sich wünschten. Klöckner und der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther rechneten aber damit, dass man sich einigen wird.

„Den morgigen Tag brauchen wir auf jeden Fall noch“, sagte er am Montagabend nach der zweiten Verlängerung der Koalitionsverhandlungen. Der CDU-Politiker fügte aber hinzu: „Ich bleibe optimistisch, dass es zumindest morgen klappt.“ Klöckner sagte, sie gehe von einem Abschluss in der Nacht zu Mittwoch aus. Die Knackpunkte seien Finanzen, Gesundheit, Arbeitsrecht und Außenpolitik.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, am Dienstag sollten die Verhandlungen endgültig abgeschlossen werden. Man sei sich einig, dass morgen der entscheidende Tag sei. "Wir sind gewillt, die Verhandlungen morgen zu einem positiven Ende zu bringen", sagte er.

Bei der Arbeitsmarktpolitik geht es vor allem um die SPD-Forderung nach deutlichen Beschränkungen für die sogenannten sachgrundlosen Befristungen von Arbeitsverhältnissen. Hierunter leiden viele jüngere, gering qualifizierte oder ausländische Arbeitnehmer. Hier gebe es zwar eine Annäherung, aber noch keine Einigung.

In der Gesundheitspolitik will die SPD gegen die „Zwei-Klassen-Medizin“ vorgehen und Verbesserungen für gesetzlich Versicherte erreichen. In der Außenpolitik gehe es um Rüstungsexporte und den Bundeswehretat. Es geht darum, um wieviel Prozent die Ausgaben für die Armee erhöht werden sollen.

Aus Teilnehmerkreisen hieß es am Montagabend, die Differenzen bei der Frage der Job-Befristungen seien trotz stundenlanger Verhandlungen noch nicht gelöst. Und das Thema Gesundheit sei bis dahin noch gar nicht besprochen worden. Es stocke an mehreren Punkten. Für den Dienstag wurden erneut lang andauernde Gespräche erwartet.

Die Spitzenrunde der 15 Unterhändler um CDU-Chefin Angela Merkel, Schulz und den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer begann am Montagnachmittag mit den entscheidenden Verhandlungen zu den Themen Arbeitsmarkt und Gesundheit. Zuvor gab es stundenlange Beratungen sowohl zwischen den Parteichefs als auch mit der in den Verhandlungen für die Arbeitsmarktthemen zuständigen SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles. Das Thema sachgrundlose Befristungen war bereits am Sonntagabend ohne Ergebnis angesprochen worden.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt rechnete bereits zu Beginn des Sitzungstages mit einer schwierigen Endphase. „Der Wille ist da, ich glaube von allen Seiten. Aber die Hürden sind auch noch groß“, sagte er. „Da kann das Ganze heute gelingen oder nochmal schwierig werden.“ Familienministerin Katarina Barley (SPD) sagte im Sender „SWR2“, der Wille zur Einigung sei auf beiden Seiten da. Aber „solange wir nicht ganz bis zu Ende sind, ist eben noch kein Haken dran“.

CDU, CSU und SPD hatten die Zahl der strittigen Punkte zuletzt weiter reduziert. Teilweise in Nachtarbeit und seit dem frühen Morgen seien einige offene Fragen geklärt worden, hieß es aus Verhandlungskreisen. Die Steuerungsgruppe habe an der Formulierung des Koalitionsvertrags gearbeitet.

Am Montagmittag gab es dem Vernehmen nach noch etwa 15 kleinere offene Punkte und drei große Streitthemen, hieß es weiter: neben Gesundheit und Arbeitsverträgen noch übergeordnet die Finanzen. Jetzt gehe es „ans Eingemachte“, hieß es kurz vor dem geplanten Beginn der Beratungen der Chef-Unterhändler beider Seiten.

Sobald ein Koalitionsvertrag steht, sollen die SPD-Mitglieder darüber abstimmen, was mehrere Wochen dauern kann. Eine Option könnte sein, die Briefwahlunterlagen am Wochenende 3./4. März auszuzählen und das Ergebnis zu verkünden.

Diskussion um Posten für SPD-Chef Schulz

Die Mehrheit der Deutschen lehnt nach einer Umfrage einen Einzug von SPD-Chef Schulz als Minister ins Kabinett der geplanten großen Koalition ab. 54 Prozent seien gegen ein Ministeramt für Schulz, 36 Prozent würden es befürworten, wie das Forsa-Institut mitteilte. Auch SPD-Anhänger seien der Umfrage für das RTL/n-tv-Trendbarometer zufolge mehrheitlich dagegen, dass Schulz in einer großen Koalition ein Ministerium übernimmt, mit 47 gegen 44 Prozent. Innerhalb der SPD gilt Schulz aufgrund seines Schlingerkurses in Sachen großer Koalition als schwer angeschlagen.

61 Prozent der Befragten befürworteten, dass Sigmar Gabriel Außenminister bleibt. Dieser Auffassung seien auch 70 Prozent der Unions-Anhänger und 71 Prozent der SPD-Anhänger. Nur 10 Prozent wünschten, dass Schulz Chef des Auswärtigen Amtes wird.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer forderte die Parteispitze auf, die Namen möglicher Minister rasch offenzulegen. „Die SPD sollte, sobald der Koalitionsvertrag vorliegt, klarmachen, wer für uns als Minister ins Kabinett gehen soll“, sagte er der „Welt“. In der Partei sei das Bedürfnis an Transparenz sehr groß. Der SPD-Abgeordnete Thomas Hitschler dagegen sagte der Zeitung: „Unsere Mitglieder wählen nicht „Germanys Next Top Minister“, sondern entscheiden über sozialdemokratische Inhalte.“ (dpa)

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