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Alexis Tsipras will mit der Kanzlerin Flüchtlinge auf einer griechischen Insel besuchen.
© dpa

Flüchtlinge: Griechenland lädt Deutschland und Türkei zum Flüchtlingsgipfel

Die Griechen gelten in der Flüchtlingskrise als überfordert. Dass wollen sie nicht auf sich sitzen lassen. Deshalb gehen sie jetzt diplomatisch in die Offensive.

Griechenland wehrt sich. Vor dem EU-Gipfel Ende der Woche in Brüssel und der Vorstellung eines Plans der EU-Kommission über die Aufstellung eines EU-Grenzschutzkorps hat das Land eine diplomatische Offensive gestartet. Ziel ist es, angebliche Mythen über den Umgang mit Flüchtlingen in Griechenland richtigzustellen. Zeitgleich lud Regierungschef Alexis Tsipras Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu ein, sich ein Bild von der Lage der Flüchtlinge zu machen. Nach Auskunft der griechischen Botschaft in Berlin will Tsipras mit den beiden sowie einem hochrangigen EU-Vertreter die griechische Insel Chios und anschließend Izmir in der Türkei besuchen. Als Termin sei ein Datum Anfang Februar denkbar.
Über Griechenland gelangten in diesem Jahr bei Weitem die meisten Flüchtlinge nach Europa. Der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge waren es bis Ende November mehr als 735.000 Menschen, die hauptsächlich von der Türkei aus über das Meer kamen. Die Zustände auf den griechischen Inseln, die die Flüchtlinge zunächst erreichen, werden seit Monaten kritisiert. Innerhalb der EU wird Griechenland Versagen vorgeworfen. Athen reagierte darauf jetzt mit der Veröffentlichung eines mehrseitigen Papiers, in dem es sich verteidigt und der EU sowie der Türkei indirekt mangelnde Unterstützung vorwirft.

Gegenseitige Vorwürfe

Danach gab das finanziell klamme Griechenland bisher rund eine Milliarde Euro zur Bewältigung der Flüchtlingskrise aus, während die EU etwa 83 Millionen Euro zur Verfügung gestellt habe. Ferner habe Griechenland 1600 Grenzschützer bei der EU-Grenzschutzagentur Frontex angefordert, bisher jedoch nur 170 erhalten. Die EU nennt zwar andere Zahlen, auch dort wird aber anerkannt, dass die Mitgliedsstaaten zu wenig Beamte für Frontex abstellen. Aus Brüssel heißt es andererseits auch, Griechenland habe die Unterstützung durch Frontex nur zögerlich akzeptiert, obwohl die eigenen Behörden überfordert seien. Die EU-Kommission plädiert daher für die Einrichtung eines festen EU-Grenzschutzkorps zur Sicherung der EU-Außengrenzen, das unabhängig und im Zweifel sogar ohne Zustimmung der jeweiligen Grenzstaaten operieren soll. Die Pläne sollen am heutigen Dienstag in Brüssel vorgestellt werden. Griechenland will das nicht akzeptieren. Der Grenzschutz sei eine nationale Angelegenheit, heißt es in dem Papier. Inoffiziell wird von griechischer Seite auch kritisiert, Frontex-Beamte, die auf den griechischen Inseln Flüchtlinge registrieren und erkennungsdienstlich behandeln, arbeiteten nur wochentags und dann lediglich von neun bis 17 Uhr.
Am Montag wies die Regierung in Athen zudem auf ein relativ neues Phänomen hin, für das sie die Türkei verantwortlich macht. Unter den Flüchtlingen seien derzeit vor allem Wirtschaftsmigranten aus Algerien und Marokko, sagte Außenminister Nikos Kotzias. „Sie fliegen für nur 50 Euro nach Istanbul, um dann von der türkischen Küste aus nach Griechenland überzusetzen.“ Diese Migranten dürfe man in Istanbul gar nicht erst einreisen lassen.

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