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Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat seine Mütze wieder eingepackt. Er ist am Montag zum 18. Mal in seiner Amtszeit nach Afrika aufgebrochen. Das Foto zeigt ihn bei einem Besuch in Tansania. Diesmal führt ihn seine Reise aber nach Westafrika, nach Sierra Leone und Burkina Faso.
© pa/dpa

Sierra Leone: Granatwerfer für die Polizei

Entwicklungsminister Niebel besucht in Sierra Leone einen Präsidenten, der um jeden Preis wiedergewählt werden will.

Vor zehn Jahren hätte kein Minister nach Sierra Leone reisen wollen. Damals endete ein elf Jahre währender Bürgerkrieg. Die vom früheren liberianischen Präsidenten Charles Taylor unterstützten RUF-Milizen hinterließen 50.000 Tote – heute hat das westafrikanische Land 5,5 Millionen Einwohner. Am Montag ist Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) zu seiner nunmehr 18. Afrikareise nach Freetown aufgebrochen. An diesem Dienstag trifft er den Präsidenten Sierra Leones, Ernest Bai Koroma, der im November wieder gewählt werden will – und zwar um jeden Preis.

Niebel hat schon vor seiner Abreise erklären lassen, dass eine „freie, transparente und friedliche“ Wahl „für die weitere Konsolidierung der Demokratie von großer Bedeutung ist“. Dass Niebels Appelle allerdings gehört werden, ist eher unwahrscheinlich. Lansana Gberie, Politikwissenschaftler aus Sierra Leone, der ein Standardwerk über den mörderischen Bürgerkrieg in seiner Heimat geschrieben hat, sagte dem Tagesspiegel mit Blick auf die Wahl: „Ich versuche optimistisch zu sein.“ Aber er ist es nicht. Denn die Wiederwahlchancen Koromas sind schlecht, er ist ziemlich unbeliebt. Koroma hat aber nicht vor, von der Macht zu lassen. Im Januar ließ der Präsident für eine paramilitärische Polizeieinheit (OSD Operational Services Division) schwere Waffen beschaffen, darunter auch Granatwerfer, berichtet Gberie. Im Gegensatz zur noch immer 10 000 Soldaten starken Armee, die traditionell eher auf der Seite der Opposition ist, steht die OSD loyal hinter Koroma. Im März berichtete Michael von der Schulenburg vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dass Koroma auch schwere Maschinengewehre für die OSD hatte beschaffen lassen. „Angesichts der geringen Kriminalitätsrate im Land, stellt sich die Frage, wofür“, sagte er in New York.

Michael von der Schulenburg ist bis Februar Chef der UN-Mission in Sierra Leone gewesen. Er hätte Niebel einiges zu erzählen gehabt. Doch vor Niebels Reise gab es keinen Kontakt zu dem hochrangigen deutschen UN-Beamten.
Michael von der Schulenburg ist bis Februar Chef der UN-Mission in Sierra Leone gewesen. Er hätte Niebel einiges zu erzählen gehabt. Doch vor Niebels Reise gab es keinen Kontakt zu dem hochrangigen deutschen UN-Beamten.
© Eskinder Debebe/UN

Einen Monat vorher war der Deutsche Schulenburg als Chef der UN-Mission in Sierra Leone auf ausdrücklichen Wunsch des Präsidenten entlassen worden. Im Mai bestellte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Dänen Jens Anders Toyberg-Frandzen als Schulenburgs Nachfolger. Ban nutzte diese Gelegenheit jedoch, um die Arbeit Schulenburgs ausdrücklich zu loben. Schulenburg hatte seinen Posten 2008 angetreten. Im Anschluss an den Einsatz der UN-Friedenstruppe, die zuvor dabei geholfen hatte, den Bürgerkrieg zu beenden und den Übergang zu sichern, hatte Schulenburg es geschafft, 17 UN-Büros organisatorisch so zusammenzubinden, dass sie im Land offenbar als Einheit wahrgenommen werden. Außerdem pflegte Schulenburg Kontakte zu allen politischen Parteien. Genau das hat ihm Koroma offensichtlich übel genommen. Der Präsident warf Schulenburg vor, er habe sich auf die Seite eines Oppositionskandidaten gestellt. Toyberg-Frandzen hat bis November jedenfalls nicht viel Zeit, sich in die politischen, ethnischen und wirtschaftlichen Untiefen Sierra Leones einzuarbeiten.

Niebel will sich Projekte zur Förderung der Privatwirtschaft in der Nähe der Hauptstadt anschauen, bevor er nach Burkina Faso weiterreist. Was er nicht zu sehen bekommt, sind eine große Eisenmine im Norden des Landes und die Vorbereitungen für die Ölförderung vor der Küste Sierra Leones. Koroma hat die Lizenz für die Eisenmine an Vasile Timis vergeben, der sich selbst Frank nennt und Chef der Firma African Minerals ist. Der rumänische Geschäftsmann hat 1992 mit einem Lastwagen in Australien eine Spedition gegründet. Inzwischen gehört er zu den reichsten Männern der Welt. Mit seiner Firma African Petrolium ist es ihm auch gelungen, Lizenzen für die Ölförderung zu bekommen. Seine guten Beziehungen zur Regierung Koroma waren dabei nicht schädlich. Lansana Gberie erwartet jedoch nicht, dass die bitterarme Bevölkerung Sierra Leones von diesen Geschäften profitieren wird.

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