Amoklauf in Charleston im US-Bundesstaat South Carolina: Gouverneurin spricht sich für Todesstrafe aus
Der Mord an neun Mitgliedern einer Südstaaten-Kirche schockiert die USA. Erste Zeichen deuten auf eine rassistisch motivierte Tat eines weißen Einzelgängers hin. Doch Proteste bleiben aus, Schwarze und Weiße trauern gemeinsam um die Toten.
Nach dem Mord an neun schwarzen Gläubigen in einer Kirchengemeinde in der US-Stadt Charleston (South Carolina) sind die Konturen der rassistischen Tat eines hasserfüllten jungen Mannes deutlicher geworden. Der mutmaßliche Schütze, ein 21 Jahre alter Weißer, hatte sich auf Facebook als Fan des früheren Apartheidregimes in Südafrika zu erkennen gegeben. Am Donnerstag brachte die Polizei ihn aus North Carolina, wo er gefasst worden war, nach Charleston zurück.
Der Verdächtige wurde in schwarz-weiß-gestreifter Gefängniskleidung in ein kleines Flugzeug geführt, um ihn aus Shelby in North Carolina nach Charleston in South Carolina zu bringen. Im rund 400 Kilometer entfernten Shelby war er rund 14 Stunden nach der Tat bei einer Verkehrskontrolle festgenommen worden.
Der Verdächtige soll die Opfer während einer Bibelstunde erschossen haben. Die Polizei sprach schnell von einem „Verbrechen des Hasses“. Nun ist der mutmaßliche Schütze wegen neunfachen Mordes angeklagt worden. Er werde am Nachmittag (20.00 Uhr MESZ) zu einem Gerichtstermin erwartet, teilte die Polizei am Freitag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Weiterer Anklagepunkt sei der Waffenbesitz bei der Durchführung eines Gewaltverbrechens. US-Medien zufolge habe er die Tat bereits gegenüber den Ermittlern gestanden. Die Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, sprach sich in einem TV-Interview dafür aus, den 21-Jährigen mit dem Tode zu bestrafen.
Obama thematisiert Waffengesetze
Es handelt sich um eines der schwersten möglicherweise rassistisch motivierten Verbrechen seit Jahren in den USA. US-Präsident Barack Obama äußerte sich bestürzt, kritisierte die laxen Waffengesetze in den USA und verwies auf die unbewältigten Probleme zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarben in den USA. „So etwas geschieht nicht an anderen Orten mit einer solchen Häufigkeit“, sagte Obama mit Blick auf die Gesetzeslage. Wieder einmal habe ein Täter es zu leicht gehabt, an eine Schusswaffe zu kommen. Dass die Tat in einer von Schwarzen besuchten Kirche geschah, werfe Fragen über „den dunklen Teil unserer Geschichte auf“. Nach dem Massaker veröffentlichten die Behörden ein Foto, das den jungen Mann in einer Jacke zeigt, auf dem die Flaggen der ehemaligen Apartheidstaaten Südafrika und Rhodesien zu erkennen sind. „Der einzige Grund dafür, dass jemand in eine Kirche geht und Leute erschießt, ist Hass“, sagte Charlestons Bürgermeister Joe Riley. Der Leichenbeschauer des Landkreises veröffentlicht die Namen der Opfer. Bei den Toten handelt es sich um drei Männer und sechs Frauen. Unter ihnen ist der Pfarrer Clementa Pinckney, ein demokratischer Senator im Landesparlament. Das älteste Opfer war eine 87-Jährige, das jüngste eine 26-Jährige.
Gemeinsame Trauer
In Charleston blieb es nach dem Mord ruhig. Vor dem abgesperrten Tatort versammelten sich nur wenige Menschen. „Die Trauer ist größer als die Wut“, sagte einer. Viele Umstehende werteten die Tat als Einzelfall eines möglicherweise kranken Menschen. „Wir leben jeden Tag mit Benachteiligungen“, sagte ein Schwarzer. „Dieser Fall reiht sich aber nicht ein in die vielen Fälle von Polizeibrutalität oder Diskriminierung im öffentlichen Leben. Tatsächlich ist dieser Mord ohne Beispiel.“
Die Nachricht von der Festnahme des Verdächtigen wurde mit großer Genugtuung aufgenommen, auch bei einem Gedenkgottesdienst vor einer Kirche nicht weit vom Tatort. „Dieses Land braucht Ruhe und Versöhnung und Charleston braucht das gerade mehr als alles andere“, sagte ein Teilnehmer. Unter den Trauernden waren auch viele Weiße.
Die republikanische Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, sagte unter Tränen, das Verbrechen habe "das Herz und die Seele" ihres Bundesstaates gebrochen. Die Stadt Charleston lud für Freitag zu einem Gebet für die Opfer ein. In New York versammelten sich am Donnerstag etwa 60 Demonstranten, um der Opfer zu gedenken. Sie hielten am Union Square Schilder mit den Aufschriften "Das Leben von Schwarzen zählt" und "Hört auf, Schwarze zu töten" hoch. (AFP, dpa)