zum Hauptinhalt
Kaum Platz für Journalisten: Im Gerichtssaal A 101 im Oberlandesgericht München beginnt am 17. April der NSU-Prozess. Wegen der hohen Anzahl an Nebenklägern, konnten wegen des Platzmangels nur 50 Pressevertreter zugelassen werden.
© dpa

NSU-Prozess: Gericht lässt türkische Medien nicht zu - aber fünf ARD-Sender

Harsch kritisieren deutsche und internationale Medien das Oberlandesgericht München: Bei der Vergabe der Plätze für den NSU-Prozess wurde nicht ein türkischer Journalist bedacht. Auch Reporter anderer wichtiger internationaler Medien konnten sich nicht für den am 17. April beginnenden Prozess akkreditieren.

Der Mordprozess gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe in München wird ab dem 17. April nicht nur in Deutschland, sondern auch international auf großes Interesse stoßen. Acht der zehn Opfer waren türkischstämmig – dennoch müssen nach der bisherigen Planung des Oberlandesgerichtes alle türkischen Journalisten und viele Reporter großer ausländischer Medien draußen bleiben.

Insgesamt haben sich 123 Journalisten und Medien für den Prozess akkreditiert und einen Platz beantragt. Die Sitze wurden laut Gerichtsangaben streng in der Reihenfolge vergeben, in der die Anträge eingingen. Vor drei Wochen schon gab es erheblichen Ärger, weil das Gericht auch dem türkischen Botschafter keinen Platz im Saal zusicherte.

Grund für beide Probleme ist, dass der Gerichtssaal A 101 im Münchner Justizkomplex zu klein ist für diesen Prozess. Wo normalerweise Presse und Zuschauer sitzen, haben diesmal 71 Nebenkläger und ihre 49 Rechtsanwälte ihre Plätze. Die Empore wiederum wird erweitert, doch mehr als 100 Sitze sind dort nicht unterzubringen.

Wer sich die Liste der 50 zugelassenen Medien und der 73, die eine Absage erhielten, anschaut, stößt auf manche Merkwürdigkeit. So sind fünf Plätze an Rundfunkanstalten vergeben worden, die allesamt der ARD angehören. Dass die Mitarbeiter der ARD die Beiträge an die verschiedenen Landesanstalten weiterliefern können, hat keine Beachtung gefunden. Weiter gehören zu den Zugelassenen ziemlich unbekannte Agenturen und ein seichter Münchner Pop-Lokalsender. Als „freie Journalisten“ firmieren ein Paparazzo und der Referent der Linken-nahen „Rosa-Luxemburg-Stiftung“. Nicht in den Saal hingegen dürfen etwa Mitarbeiter der türkischen „Hürriyet“ und der ebenfalls türkischen Nachrichtenagentur „Cihan“. Weiter liest sich die Liste der Zurückgewiesenen wie ein „Who is who“ des Welt-Journalismus: Die „Neue Zürcher Zeitung“, „New York Times“, „International Herald Tribune“, die BBC und der arabische Sender Al Dschasira.

Das Gericht verweist darauf, dass es nicht nach eigenem Ermessen Medien zulassen oder abweisen kann und dass die Regeln klar gewesen seien. Keine Antwort gab es auf andere Fragen: Wurde berücksichtigt, dass ausländische Medien Gerichtsschreiben womöglich erst übersetzen müssen? Hat man bei den US-Zeitungen die Zeitverschiebung bedacht? Auch ist weiter unklar, warum es keine Übertragung in einen anderen Raum nur für akkreditierte Journalisten gibt.

Inzwischen haben die Auswahlmodalitäten auch den bayerischen Landtag erreicht. Die Grünen kritisieren dies als „rechtlich problematisch und missglückt“ in einem Prozess mit „internationaler Dimension“.

Zur Startseite