USA: George W. Bush verliert "sein Gehirn“
Karl Rove, wichtigster Berater und vielgehasster Politstratege, tritt zum Monatsende zurück.
Anderthalb Jahre vor dem Amtsende verliert US-Präsident George W. Bush seinen wichtigsten Berater. Karl Rove, der unbestrittene strategische Kopf hinter Bushs Wahlsiegen 2000 und 2004 sowie den Erfolgen der Republikaner im Kongress, kündigte im Gespräch mit dem „Wall Street Journal“ an, dass er zum Monatsende das Weiße Haus verlässt. Die offizielle Begründung des 56-Jährigen, der auch „Bushs Gehirn“ genannt wird: Er wolle mehr Zeit mit der Familie in Texas verbringen: mit seiner Frau und seinem Sohn, der dort das College besucht.
Rove hatte auf einen Moment gewartet, in dem sein Rückzug nicht wie ein Einknicken vor den Demokraten wirkt. Sie hatten mehrfach Roves Rücktritt verlangt. Sein Name fiel in Verbindung mit Skandalen wie „Plamegate“, der Enttarnung einer CIA-Agentin im Streit um Saddams angebliche Atombombenpläne, oder kürzlich der Entlassung von neun Staatsanwälten, offenbar aus parteipolitischen Gründen. Der Untersuchungsausschuss hatte Rove vorgeladen, doch Bush verweigerte die Aussagegenehmigung. Jetzt ist politische Sommerpause.
Rove bestätigte, er habe seit einem Jahr nach einem passenden Moment gesucht. Doch er wollte nicht kurz nach der Kongresswahl im November gehen, bei der die Republikaner die Parlamentsmehrheit verloren. Im ersten Halbjahr 2007 häuften sich weitere Probleme, von den katastrophalen Nachrichten aus dem Irak bis zum Scheitern der Reform des Einwanderungsgesetzes im Kongress, das letzte große Projekt in Bushs Amtszeit. Mit Blick auf die „lame duck“-Periode, dem Machtverfall in den letzten Monaten einer präsidialen Amtszeit, habe Josh Bolten, Stabschef im Weißen Haus, gesagt, die Mitarbeiter müssten sich entscheiden, ob sie jetzt gehen oder bis zu Bushs Abschied im Januar 2009 bleiben.
Das Weiße Haus nannte Roves Rückzug einen „schweren Verlust“. Er bleibe „ein enger Freund des Präsidenten“. Rove war seit den 70er Jahren in der Republikanischen Partei aktiv und hatte Bush seit 1993 beraten, als der sich erfolgreich um den Posten des Gouverneurs von Texas bewarb. Roves Strategie setzt auf drei Faktoren. Erstens, spalten statt versöhnen. Das Ziel seien 50,1 Prozent, sagt er unverblümt. Er identifizierte emotionale Themen der konservativen und religiösen Basis wie den Kampf gegen Abtreibung und Homoehe und nach dem Terrorangriff 2001 die Furcht der Bürger. Erfolgreich porträtierte er jeden, der die Einschränkung der Bürgerrechte oder das Lager Guantanamo kritisierte, als „weich gegen Terror“. Zweitens erschloss er Lobbygruppen als Millionenspender. Bush und seine Partei hatten in Roves Jahren ungleich mehr Geld als ihre politischen Gegner, was freilich auch zu mehreren Korruptionsskandalen führte. Erst jüngst dreht sich das um, die Präsidentschaftsbewerber der Demokraten erhalten mehr Spenden als die Republikaner. Drittens beherrschte Rove die Mikroanalyse der Wählerbasis besser. Auch die Siege bei den Kongresswahlen 2000 bis 2004 werden ihm zugeschrieben. Seit 70 Jahren hatte es keine ähnlichen Erfolge für eine Präsidentenpartei gegeben.
Rove hinterlässt hoffnungsvolle Prognosen: Im Irak zeige die Truppenverstärkung Erfolg, Bushs Zustimmungsraten steigen Richtung 40 Prozent. Und er sieht gute Chance für die Präsidentenwahl 2008, da die Abneigung gegen Hillary Clinton die Republikaner eine.