Kritik an Katholiken-Oberhaupt: Generalsekretär des Zentralrats der Juden: Mehr Respekt vom Papst
Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, fordert vom Papst mehr Respekt gegenüber anderen Religionsgemeinschaften. Kramer sagte, Benedikt XVI. sollte „die Form seines bisherigen Umgangs“ überdenken.
Dabei sollte der Papst zu dem Schluss kommen, „dass es nicht darum geht, Respekt zu predigen, sondern mit gutem Beispiel zu lehren“, sagte Kramer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp. Kramer kritisierte, im Jahr 2009 habe vor allem die Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der Piusbruderschaft das Verhältnis der jüdischen Religionsgemeinschaft zum Vatikan „sehr belastet“. Daran habe sich bis heute nichts geändert. Die Rede des Papstes in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sei zwar wohlwollend zur Kenntnis genommen worden, habe aber „das aus der Kontroverse resultierende tiefe Misstrauen nicht beseitigen können“.
Kramer fügte hinzu: „Die Erklärungs- und Beschwichtigungsversuche verschiedener Vatikanvertreter und seitens des Papstes selbst waren inhaltlich wenig überzeugend.“ Sie seien nicht nur „häppchenweise auf Druck nachgeschoben“ worden, sondern hätten auch den Ergebnissen des bisherigen vertrauensvollen jüdisch-katholischen Dialogs „selbst bei wohlwollender Interpretation“ teilweise widersprochen. Kramer kritisierte: „Allein die Art und Weise des Umgangs war für uns nicht nachvollziehbar und nicht gerade der Ausdruck eines vertrauensvollen Verhältnisses unter Geschwistern, wie der verstorbene Papst Johannes Paul II. das Verhältnis überzeugend umschrieben hat.“
Der Papst hatte im Januar die vier Bischöfe der traditionalistischen Piusbruderschaft begnadigt - unter ihnen war der Holocaust-Leugner Richard Williamson. Im Dezember sorgte Benedikt XVI. erneut für Wirbel, weil er das Seligsprechungsverfahren für Papst Pius XII. voranbrachte, dem mangelnder Widerstand gegen die Judenvernichtung durch die Nazis vorgeworfen wird.
Kramer sagte: „Die Zuerkennung des heroischen Tugendgrades an Papst Pius XII., die ein weiterer Schritt auf dem Weg seiner Seligsprechung ist, kann man nicht gerade als vertrauensbildende Maßnahme im Verhältnis Vatikan und Judentum, sondern allenfalls als erneute Provokation bewerten.“ Aus jüdischer Sicht sei dies „ebenso besorgniserregend wie ärgerlich“. Versicherungen, dass der Vatikan aus der Debatte um die Piusbruderschaft gelernt habe, seien „offensichtlich nichts wert“.
Kramer kritisierte: „Unwissenheit über die Kontroverse um die Rolle von Papst Pius XII. während des nationalsozialistischen Holocausts kann niemand in Rom - so wie bei der Causa Piusbruderschaft - ernsthaft vortäuschen.“ Die Position der katholischen Kirche zum nationalsozialistischen Regime sei „zweiseitig“ gewesen: „Einerseits das moralische Versagen der Kirche und andererseits der mutige Kampf von Kirchenvertretern und Gläubigen gegen das Regime.“
Kramer betonte zugleich, man müsse „differenzieren zwischen Vatikan und Papst auf der einen Seite und katholischer Kirche in Deutschland auf der anderen Seite“. Das Verhältnis zwischen dem Zentralrat der Juden und einzelnen Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz sei zwar nicht immer ganz spannungsfrei, aber im Großen und Ganzen herrsche „ein gutes Vertrauensverhältnis, das von gegenseitigem Respekt geprägt ist“. (ddp)
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