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Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble bei seiner Rede vor der französischen Nationalversammlung in Paris.
© Eric Feferberg/AFP

Deutsch-französische Freundschaft: Gemeinsam vorangehen

Deutsche und Franzosen schließen ein Parlamentsabkommen, um die Integration Europas voranzubringen. Ein Gastbeitrag.

Heute erinnern wir an ein Schlüsselereignis unserer gemeinsamen Geschichte: das Ende des Ersten Weltkrieges vor einhundert Jahren. Über vier Jahre lang hatten fürchterliche Schlachten den Kontinent verwüstet, mit mehr als 16 Millionen Toten – Soldaten und Zivilisten. Im November 1918 wurde das Feuer eingestellt. Aber in den Köpfen der Menschen – nicht nur in Deutschland und Frankreich – lebten Kriegserlebnisse, Propaganda und Vorurteile fort. Wer hätte damals geahnt, was uns heute normal erscheint: siebzig Jahre Frieden zwischen Deutschland und Frankreich. Eine demokratische Ordnung in ganz Europa. Eine Europäische Union, in der mehr als 500 Millionen Bürger ihr Reiseziel, ihren Arbeitsort oder ihren Wohnsitz frei wählen können.

Die Beziehung beider Länder soll weiter vertieft werden

Die Geschichte führt uns vor Augen: Das friedliche Miteinander von Deutschland und Frankreich ist Ergebnis einer unverhofften Entwicklung. Sie verdankt sich dem Engagement der Bürger in beiden Ländern – und einem Versöhnungsprozess, der über diese zivilgesellschaftlichen Initiativen auch auf politischer Ebene überhaupt erst möglich wurde. Beides verdient nicht nur gewürdigt zu werden. Beides verlangt nach einer Weiterentwicklung. Denn die enge Zusammenarbeit unserer beiden Staaten ist im europäischen Einigungsprozess nicht exklusiv, sie ist aber unbedingt notwendig, um zu substantiellen Fortschritten bei der weiteren Integration zu kommen.

Der Elysée-Vertrag von 1963 ist Garant und Symbol der deutsch-französischen Freundschaft. 55 Jahre nach seiner Unterzeichnung werden die politischen Rahmenbedingungen derzeit neu justiert – ein neuer Elysée-Vertrag ist auf den Weg gebracht und soll am 22. Januar 2019 beschlossen werden. Unsere beiden Länder passen ihre tiefe Kooperation damit den komplexen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts an.

Auch Assemblée nationale und Deutscher Bundestag haben zu Beginn dieses Jahres in einer gemeinsamen Resolution beschlossen, ihre bislang schon intensive Zusammenarbeit zu institutionalisieren.

Am kommenden Mittwoch stellen wir, die Präsidenten von Assemblée nationale und Deutschem Bundestag, den Entwurf für ein Deutsch-Französisches Parlamentsabkommen der Öffentlichkeit vor. Darin verpflichten sich unsere beiden Institutionen, noch stärker als bisher einheitliche politische Positionen zu erarbeiten – in der Absicht, damit die weitere Integration innerhalb der Europäischen Union zu befördern. Damit sind andere Staaten der Europäischen Union weder ausgeschlossen, noch werden sie gedrängt, es uns gleichzutun. Wir erhoffen uns aber, die Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene damit zu erleichtern.

Je 50 Abgeordnete aus beiden Ländern sollen regelmäßig gemeinsam tagen

Die binationale Arbeitsgruppe, die in beachtlich kurzer Zeit Vorschläge für dieses Abkommen erarbeitet hat, stellt eine neue Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung ins Zentrum der künftigen Zusammenarbeit. Diese Versammlung von je 50 Mitgliedern beider Parlamente, der wir, die Parlamentspräsidenten, vorsitzen, soll regelmäßig abwechselnd in Deutschland und Frankreich tagen und insbesondere in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik dazu beitragen, größtmögliche Übereinstimmung in politisch relevanten Fragen zu erreichen. Rechtliche Hindernisse, die grenzüberschreitende Vorhaben bremsen, sollen aus dem Weg geräumt werden, ohne jeweils bestehende Standards abzusenken. Die gemeinsame parlamentarische Beratung soll in unseren Parlamenten selbstverständlich werden. Vor allem aber möchten wir, dass mehr politische Entscheidungen in unseren beiden Ländern gleichzeitig miteinander abgestimmt und – wenn möglich – gleichlautend getroffen werden. Das Abkommen ist deshalb bedeutend mehr als ein freundliches Bekenntnis.

Wir sind davon überzeugt: Nur so kommt Europa voran. 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg zeigen die Parlamente in Frankreich und Deutschland, wie erfolgreich die politische Freundschaft zweier einst verfeindeter Nationen sein kann.

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