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Abgelehnte Asylbewerber steigen in ein Flugzeug.
© DPA/Patrick Seeger

Bundesverfassungsgericht: Gefährder Haikel S. darf trotz ausgesetzter Todesstrafe abgeschoben werden

Deutschland darf einen tunesischen Gefährder abschieben. In Tunesien droht ihm zwar die Todesstrafe – die wird aber nicht mehr vollstreckt.

Der Flüchtling aus Tunesien gilt als besonders gefährlicher Islamist, er soll an der Vorbereitung schwerer Anschläge beteiligt gewesen sein. Dennoch hat S. die Abschiebung aus Deutschland mehrmals verhindern können.

Doch nun ist der Justizmarathon des in Abschiebehaft sitzenden Gefährders zumindest in der Bundesrepublik beendet. Das Bundesverfassungsgericht teilte am Montag mit, die Verfassungsbeschwerde von S. gegen die Abschiebung habe „keine Aussicht auf Erfolg“, obwohl ihm in Tunesien die Verurteilung zur Todesstrafe droht.

Die Richter in Karlsruhe halten aber eine Hinrichtung für ausgeschlossen, weil in Tunesien die Todesstrafe in lebenslange Haft umgewandelt werde.

Der Fall zeigt, wie schwierig die Abschiebung eines Flüchtlings sein kann, den die Sicherheitsbehörden als terroristischen Gefährder einstufen. Und die Anwältin des Mannes gibt auch nach dem Beschluss aus Karlsruhe nicht auf.

Sie habe einen Eilantrag beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gestellt, sagte Seda Basay. Ob S. doch noch vor der Abschiebung bewahrt wird, blieb am Montag allerdings offen.

Die tunesischen Behörden werfen S. unter anderem vor, an der Vorbereitung des Anschlags auf das Bardo-Museum in Tunis im März 2015 beteiligt gewesen zu sein. Dschihadisten der Terrormiliz IS töteten damals 22 Touristen. So oder so klingt die Biografie des 1980 geborenen S. ziemlich wild.

Er kam 2003 nach Deutschland, schlug seine Frau, bekam eine Geldstrafe und verschwand 2013. Zwei Jahre später kam S. als vermeintlich syrischer Flüchtling wieder. Die Polizei nahm ihn im August 2016 wegen eines tunesischen Haftbefehls auf Terrorverdacht fest.

Die Behörden in Tunesien legten aber die für eine Auslieferung nötigen Papiere nicht fristgerecht vor, S. kam im November 2016 frei. Das erinnert an den Fall des Berlin-Attentäters Anis Amri, der ebenfalls aufgrund mangelnder Kooperation Tunesiens nicht abgeschoben werden konnte.

Justizmarathon offenbar vor dem Ende

Im Februar 2017 ließ die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main den Mann in Hessen festnehmen – wegen des Verdachts, auch in Deutschland einen Anschlag geplant zu haben. S. kam in Untersuchungshaft, außerdem wies ihn die zuständige Ausländerbehörde im März 2017 aus. Doch S. stellte sofort einen Asylantrag. Den wies das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach zwei Tagen ab.

Der Tunesier klagte dann beim Frankfurter Verwaltungsgericht. Die Richter lehnten im April 2017 vorläufigen Rechtsschutz für S. mit der Maßgabe ab, Tunesien müsse ein faires Strafverfahren zusichern. Im Juli gab das tunesische Außenministerium eine Verpflichtung ab. Das Verwaltungsgericht bezweifelte aber, dass die „Verbalnote“ genügt, und untersagte die Abschiebung.

Im August hingegen ordnete das hessische Innenministerium die Maßnahme an, S. kam nun in Abschiebehaft. Er klagte beim Bundesverwaltungsgericht, das verweigerte aber auch vorläufigen Rechtsschutz. Im März 2018 wandte sich S. an das Bundesverfassungsgericht. Es stoppte die Abschiebung – und ließ sie jetzt doch zu.

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