Politbarometer: Gabriel regiert - Merkel profitiert
Die aktuellen Großvorhaben der schwarz-roten Koalition sind vor allem sozialdemokratische Anliegen. Doch viele Bürger sehen laut Politbarometer eher die Union als den einflussreicheren Partner.
Schwarz-Rot regiert seit hundert Tagen - und die Bürger sind alles in allem zufrieden mit der Regierung von Kanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel. Anders als einst bei Rot-Grün und später Schwarz-Gelb geht die Zustimmung zur (dritten) großen Koalition nicht zurück: 67 Prozent aller Bürger meinen, die Bundesregierung mache eine gute Arbeit. Das ist das Ergebnis des aktuellen Politbarometers im Auftrag von ZDF und Tagesspiegel. Demnach ist nur gut ein Viertel der Befragten der Ansicht, Schwarz-Rot arbeite schlecht. Damit fällt die Anfangsbilanz ähnlich aus wie bei der letzten großen Koalition 2005. Das dürfte auch daran liegen, dass die Anhänger der großen Parteien jeweils mit der Leistung ihrer Partei zufrieden sind und das auf die gesamte Regierung übertragen.
Der Kanzlerinnenbonus wirkt
Freilich meinen 56 Prozent der Befragten, dass Merkels Union in der Regierung mehr Einfluss hat als die SPD (elf Prozent) - da wirkt der Kanzlerinnenbonus. 30 Prozent glauben, dass beide Parteien ungefähr gleich viel Einfluss haben. Bemerkenswert: Bei den SPD-Anhängern sind sogar 60 Prozent der Meinung, dass die CDU/CSU mehr Einfluss hat.
Noch bemerkenswerter: Die Einschätzung, dass die Union dominiert, steht in einem deutlichen Kontrast zu der Ansicht einer Mehrheit, dass der gesetzliche Mindestlohn und die Rente mit 63 gute Vorhaben sind. Beide sind freilich Anliegen der Sozialdemokraten. Es scheint also ein demoskopisches Problem für die SPD zu bestehen - Gabriels Partei macht die Arbeit, das Merkel-Lager aber profitiert.
82 Prozent für Mindestlohn
Beim Mindestlohn sind 82 Prozent aller Befragten der Meinung, die gesetzliche Untergrenze bei 8,50 Euro sei eine gute Sache. Nur 16 Prozent äußern sich ablehnend. Auch bei den Anhängern der Union sind 76 Prozent für und nur 21 Prozent gegen einen solchen Mindestlohn. Allerdings glauben 40 Prozent aller Befragten, dass ein Mindestlohn in dieser Höhe in einigen Bereichen zu einem Arbeitsplatzabbau in größerem Umfang führen wird. 58 Prozent erwarten das hingegen nicht.
Die frühere Verrentung - also die Möglichkeit, dass Arbeitnehmer nach 45 Beitragsjahren schon mit 63 Jahren ohne Einbußen in Rente gehen können - finden 81 Prozent aller Befragten gut. Nur 17 Prozent sehen das anders. Auch hier gibt es auch unter den Anhängern der CDU/CSU-Anhänger mit 77 Prozent eine deutliche Zustimmung. Doch die möglichen Folgen sind zumindest der Hälfte der Befragten klar - dass die Rente mit 63 zu stark zu Lasten der Jüngeren geht.
Union 41 Prozent, SPD 25 Prozent
Wäre schon am kommenden Sonntag Bundestagswahl, dann käme die Union auf 41 Prozent, die SPD könnte mit 25 Prozent rechnen, Grüne und Linke lägen mit je zehn Prozent gleichauf. Die eurokritische AfD kann darauf hoffen, den Einzug in das Parlament zu schaffen – sicher ist das freilich bei fünf Prozent nicht. Weiterhin chancenlos ist die FDP: Drei Prozent ergibt die Umfrage.
Die Europawahl hätte laut Politbarometer ein ganz ähnliches Ergebnis. 39 Prozent für die Union, 26 Prozent für die Sozialdemokraten, die Linke käme auf acht Prozent, die Grünen könnten mit zwölf Prozent rechnen. Die AfD würde wohl sechs Prozent verbuchen, die FDP läge auch hier bei drei Prozent. Die Abweichungen zur Sonntagsfrage mit Blick auf den Bundestag liegen im normalen statistischen Fehlerbereich.
Merkel punktet im eigenen Lager
Kanzlerin Angela Merkel wird insgesamt nach wie vor am besten beurteilt, was allerdings vor allem auf ihre sehr hohe Zustimmung aus dem eigenen Lager zurückgeht. Ihre Bewertung durch alle Befragten liegt Ende März bei 2,1 (auf der üblichen Skala, die von minus fünf bis plus fünf reicht). Im Januar waren es 2,4. Unter den Unions-Anhängern jedoch wird die CDU-Chefin mit 3,9 benotet – die hohe Zustimmung lässt unter diesen Befragten nicht nach.
Auf Platz zwei der Rangliste liegt Au0ßenminister Frank-Walter Steinmeier mit einem Wert von 1,9, Dritter ist Finanzminister Wolfgang Schäuble (1,7). Auf dem vierten Rang folgt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (1,0). Auffällig ist, dass im eigenen Lager die beiden führenden SPD-Politiker Steinmeier (2,8) und Gabriel (2,3) schlechter bewertet werden als Merkel – und auch der Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, der bei der eigenen Anhängerschaft immerhin auf einen Wert von 3,1 kommt.
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