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Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ist weiterhin nicht gut auf Deutschland zu sprechen.
© Reuters

Deutsch-türkisches Verhältnis: Für Erdogan ist Deutschland ein Schurkenland

Der türkische Präsident wettert weiter gegen Deutschland, seinen einst engsten Partner im Westen. Doch neue Sanktionen könnten Erdogan gefährlich werden.

Sahin Alpay ist ein angesehener Politologe und ein scharfsinniger Beobachter – doch aus Sicht des türkischen Staates ist der 73-Jährige vor allem ein gefährlicher Terrorist. Zusammen mit mehr als zwei Dutzend weiteren Journalisten und Kommentatoren muss sich Alpay von diesem Montag an nach mehr als einem Jahr Untersuchungshaft als mutmaßliches Mitglied einer Terrororganisation vor Gericht verantworten. Die bloße Tatsache, dass er und die anderen Angeklagten für Medien schrieben, die zur Bewegung des Predigers Fethullah Gülen gehörten, genügt der Staatsanwaltschaft für eine Anklage.

Es ist der bisher größte Prozess gegen Medienvertreter seit dem Putschversuch 2016. Die türkische Regierung ist nicht gewillt, auf Einwände aus Deutschland und anderen westlichen Staaten wegen des Drucks auf Andersdenkende zu hören.

Die Bundesrepublik, einst als engster Partner der Türkei im Westen gesehen, hat sich in den Augen von Präsident Recep Tayyip Erdogan und anderen Regierungspolitikern vom Freund zum Schurken gewandelt. Deutschland sei heute ein „Land, das dem Terrorismus hilft“, sagte Erdogan vorige Woche.

Die Aufnahme von Gülen-Anhängern, regierungskritischen Journalisten sowie Ereignisse wie die Kundgebung von Anhängern der auch in Deutschland verbotenen kurdischen Terrororganisation PKK in Köln am Wochenende haben diesen Eindruck bei Erdogan und anderen gefestigt. Erdogans Parteifreund Mustafa Yeneroglu veröffentlichte auf Twitter mehrere Bilder von der Demo, auf denen Embleme und Bilder der PKK zu sehen waren, die in Deutschland verboten ist.

Die Bundesrepublik mache sich bei ihrem Umgang mit der PKK lächerlich, schrieb Yeneroglu. Wenn deutsche Politiker wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagten, sie unternähmen alles, um PKK-Aktivitäten auf deutschem Boden zu unterbinden, dann sei das „wie ein Witz“.

Auch über Merkel ist nichts Positives mehr zu hören

Anhänger der türkischen Regierung beklagen, dass sich in Deutschland ein anti-türkisches gesellschaftliches Klima entwickelt hat. „Türken, die ihre Unterstützung für Erdogan aussprechen, werden in ihrem Alltag in Deutschland beleidigt, gemobbt und ausgegrenzt“, schrieb der Erdogan-nahe frühere Europaabgeordnete Ozan Ceyhun in der Zeitung „Daily Sabah Deutsch“. Und auch nach der Bundestagswahl wird das so weitergehen, erwartet Ankara. „Uns interessiert nicht besonders, ob jetzt dieser oder jener die Wahl gewinnt“, sagte Erdogan gerade. Die regierungsnahe Presse in seinem Land hat sich besonders auf Außenminister Sigmar Gabriel eingeschossen.

Doch auch über Martin Schulz oder Angela Merkel ist in Ankara nichts Positives mehr zu hören. Beide haben im Wahlkampf wegen der Inhaftierung deutscher Staatsbürger in der Türkei eine härtere Gangart gegenüber der Erdogan-Regierung angekündigt. Politisches Gewicht hat besonders die jüngste Ankündigung der Kanzlerin, die wirtschaftliche Zusammenarbeit einzuschränken. Wenn Deutschland zum Beispiel staatliche Kreditgarantien für Türkeigeschäfte reduziert oder ganz einstellt, könnte das die Türkei schwer treffen. Der geplante Ausbau der Zollunion zwischen der EU und der Türkei soll auf deutschen Wunsch hin gestoppt werden.

Für Erdogan bildet diese Haltung Berlins ein großes innenpolitisches Risiko. Sein Erfolg als Politiker basiert nicht zuletzt auf dem Aufschwung, den die Türkei in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten unter seiner Führung erlebt hat. Eine Flucht ausländischer Investoren oder ein Rückgang im Austausch mit dem größten Handelspartner Deutschland zwei Jahre vor der türkischen Präsidentenwahl 2019 könnten den Staatschef in die Bredouille bringen.

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