Juso-Chef Kühnert: „Für die Jüngeren geht es um alles in Europa“
Ob Klimaschutz oder Chancengleichheit, für junge Menschen stehe gerade viel auf dem Spiel, sagt Juso-Chef Kühnert – und sieht seine Organisation in der Pflicht.
Juso-Chef Kevin Kühnert erwartet eine steigende Wahlbeteiligung bei der bevorstehenden Europawahl und eine Mobilisierung gerade junger Leute. „Gerade für die jüngere Generation geht es um alles in Europa - darum, ob die Welt, in die wir geboren wurden, noch erhalten bleibt“, sagte Kühnert anlässlich einer Jugendkonferenz der Jusos in Berlin. „Der Brexit hat gezeigt, dass es manchmal schwer genug ist, sich als jüngere Generation politisch zu behaupten.“ Es gehe auch um Chancengleichheit für die Jüngeren.
„Ich erwarte einen deutlichen Anstieg bei der Wahlbeteiligung“, sagte der 29-Jährige. Bei der Wahl 2014 lag die Beteiligung in Deutschland bei 48,1 Prozent. Kühnert sagte: „Es geht darum, ob Pro-Europäer stark werden oder Nationalisten.“ Zur Abstimmung am 26. Mai stehe, ob Europa gerechter gemacht oder abgewickelt werde.
Für die SPD seien neben Frauen und städtischem Publikum junge Menschen eine Gruppe mit großem Potenzial. „Da können wir richtig was reißen“, sagte der Juso-Vorsitzende. „Insofern tragen wir als Jusos eine wesentliche Verantwortung für den Wahlkampf der SPD. Wir wollen in dieser Zielgruppe die Botschaften setzen.“ Erstmals seien mit seiner Stellvertreterin Delara Burkhardt auf Platz fünf und Tiemo Wölken auf Platz zwölf zwei Jusos auf vorderen Listenplätzen im Rennen.
„Es wird viel über Jugendbeteiligung geredet“, sagte Kühnert. Die Jusos wollten nun ein Signal setzen, dass junge Menschen in der Politik Verantwortung übernehmen. „Wir wollen jungen Menschen eine Vertretung im Parlament geben, anstatt nur freundlich zu bitten, dass die Älteren uns gelegentlich zuhören.“
Überfällig ist aus Sicht Kühnerts eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16. „Und zwar nicht nur, weil im Moment so viele junge Leute auf die Straße gehen“, unterstrich er. „Das Wahlrecht ist keine Belohnung, sondern ein Grundrecht.“ Diejenigen, die jungen Menschen keine Stimme geben wollten, seien in der Pflicht, das zu begründen. „Und außer, dass man vieles andere auch erst mit 18 darf, habe ich nicht viel dazu gehört.“
Zugleich wandte sich Kühnert gegen Vereinnahmungsversuche der „Fridays for Future“-Bewegung, bei der jeden Freitag in vielen Städten Schüler für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen. „Bei den Reaktionen auf „Fridays for future“ stört mich am meisten das altväterliche Gehabe, dass das gut sei, wenn sich junge Leute politisch engagieren“, sagte er. „Die gehen aber nicht auf die Straße, um Fleißbienchen im Muttiheft zu bekommen für besonderes politisches Engagement, sondern weil sie etwas stört.“ Die jungen Demonstranten wollten politische Taten sehen und keine warmen Worte hören. Gespräche zwischen Jusos und jungen Aktivisten liefen – „im Hintergrund, nicht in der Öffentlichkeit“, wie Kühnert betonte. Auch Meinungsverschiedenheiten würden ausgetragen.
Dabei maß Kühnert der „Fridays for future“-Bewegung eine konkrete politische Rolle zu. „Es wird eine starke Bewegung brauchen, wenn es in diesem Jahr in der Koalition um das Klimaschutzgesetz geht“, sagte der Juso-Chef. So ein Gesetz solle rechtswirksam beschlossen werden, wie es im Koalitionsvertrag auch stehe. „Und wir wollen damit unter Beweis stellen, dass wir die Botschaft dieser Bewegung verstanden haben: Mit dem Klima kann man nicht verhandeln.“ (dpa)