Krieg in Syrien: Friedensverhandlungen in Genf: Russisches Störfeuer
Die Friedensgespräche für Syrien sind vorerst gescheitert. Eine politische Lösung für den Konflikt ist nicht in Sicht – auch weil Putin weiter bomben lässt. Ein Kommentar.
Zur Grundausstattung eines Diplomaten gehört es, selbst schmerzhafte Niederlagen schönzureden. Staffan de Mistura macht da keine Ausnahme. „Das ist nicht das Ende, und das ist nicht das Scheitern der Gespräche“, beteuerte der UN-Vermittler. Es müsse einfach noch mehr Arbeit geleistet werden, um eine politische Lösung für Syrien zu finden. Deshalb werde man die Verhandlungen bis zum 25. Februar unterbrechen.
Doch „unterbrechen“ trifft es nicht mal ansatzweise. Faktisch sind die Verhandlungen vorbei, bevor sie richtig begonnen haben. De Mistura hätte ehrlicherweise sagen müssen: Tut mir leid, das war’s. Dass es dem Gesandten der Vereinten Nationen nicht gelungen ist, die Kriegsparteien an einen Tisch zu bringen, dürfte niemanden überraschen. Keine der verfeindeten Seiten hatte ernsthaft erwogen, sich zu bewegen. Von Kompromissbereitschaft ganz zu schweigen. Noch scheinen die Gegner darauf zu setzen, auf dem Schlachtfeld eine Lösung herbeizuführen. Zumindest setzen sie alles daran, sich einen militärischen Vorteil zu verschaffen, aus dem sie dann politisches Kapital schlagen können. Waffenruhe? Nicht mit uns!
Der Diktator hat Oberwasser
Diesem Motto folgt vor allem das Regime von Baschar al Assad. Lange Zeit sah es so aus, als neige sich seine Schreckensherrschaft dem Ende zu. Niederlage folgte auf Niederlage. Immer mehr Regierungssoldaten suchten das Weite. Der Machthaber war ernsthaft in Bedrängnis. Doch dann eilte ihm Wladimir Putin im September zu Hilfe. Seitdem sind Assads Truppen – tatkräftig unterstützt von russischen Kampfjets – wieder auf dem Vormarsch. Der Diktator hat Oberwasser – wohl wissend, dass sein politisches Überleben wie das seines Clans allein von der Gunst des Kremlchefs abhängt.
Gleiches gilt für das ganze Land. Ohne Putin geht in Syrien nichts mehr, schon gar nicht Richtung Frieden. Er hat es in der Hand, Assad zumindest eine Waffenruhe abzunötigen und damit das unfassbare Leid der Menschen vorübergehend zu lindern. Doch bisher macht Russlands Staatschef keinerlei Anstalten, mäßigend zu wirken. Im Gegenteil. Die Angriffe auf Stellungen der Opposition gingen auch unvermindert weiter, als in Genf die Diplomatie am Zug sein sollte.
Um des Einflusses willen
Mit dramatischen Folgen für einen ohnehin extrem grausamen Krieg. Die Zahl der Toten – bisher mindestens 260.000 – steigt ebenso wie die der Flüchtlinge. Und damit die Zahl jener Verzweifelten, die sich nach Europa, sprich: nach Deutschland aufmachen. Mehr als zwölf Millionen Frauen, Kinder und Männer hat der seit fünf Jahren andauernde Konflikt bereits heimatlos gemacht. Ebenso viele sind im Land dringend auf Hilfe angewiesen. Kommt die nicht an, werden noch viel mehr Menschen als bisher woanders Schutz suchen.
Keine Frage: All das weiß Putin. Es hat den Anschein, als nähme er dies billigend in Kauf um des Einflusses willen. Dennoch kommt man nicht umhin, sich mit Russland ins Benehmen zu setzen. Dazu gehört auch, auf die Regierung in Moskau Druck auszuüben. Ihr klar vor Augen zu führen, dass die Lösung für Syrien nicht auf dem Schlachtfeld zu finden ist.
Nur: Keiner sollte sich der Illusion hingeben, dass solche Initiativen rasch fruchten. Putin hat Zeit. Zeit, die den Menschen in Syrien zum Überleben fehlen könnte und die Europa fehlt, das gezwungen wäre, die Schutzsuchenden aufzunehmen.