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Frankreichs Präsident Macron und Kanzlerin Merkel am Mittwoch in Paris.
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Deutschland und Frankreich: Frieden mit Paris - Krach mit der SPD

In der Rüstungspolitik geht Merkel auf Macron zu. Das ist sinnvoll, wenn die EU-Verteidigungspolitik über Lippenbekenntnisse hinauskommen soll. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

An Konfliktstoff hat es Angela Merkel und Emmanuel Macron in der letzten Zeit nicht gemangelt. Frankreichs Präsident löste auf dieser Seite des Rheins Irritationen aus, weil er für das auch von der Kanzlerin vorangetriebene Pipeline-Projekt Nord Stream 2 eine europäische Kontrolle möchte. Umgekehrt kommt es in Paris schlecht an, dass die Bundesregierung seit dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi den Rüstungsexport nach Saudi-Arabien stoppte und damit auch europäische Gemeinschaftsprojekte in Mitleidenschaft zieht. Und schließlich hatte es Macron nicht für nötig gehalten, bei der Münchner Sicherheitskonferenz aufzutreten. Wichtiger war ihm die Befriedung der „Gelbwesten“-Demonstranten in der Heimat.

Muss man deshalb von einer Krise im deutsch-französischen Verhältnis sprechen? Nein, umgekehrt wird ein Schuh daraus: Gerade weil die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich so eng sind, sollten beide Seiten kein Problem damit haben, wenn die immer wieder bestehenden Differenzen in der Öffentlichkeit grell ausgeleuchtet werden. Das ist ja auch richtig so: Denn möglichst viel Transparenz in den deutsch-französischen Beziehungen tut auch der gesamten EU gut. Merkel und Macron fungieren zwar nicht mehr als alleinige Taktgeber in der EU. Dafür ist die Gemengelage unter den EU-Staaten mit so unterschiedlichen Politikern wie den Populisten Orban und Salvini oder den Gegnern einer großzügigen Brüsseler Budgetpolitik wie dem niederländischen Regierungschef Rutte inzwischen zu unübersichtlich geworden. Trotzdem bilden Deutschland und Frankreich nach wie vor den Kern der EU.

Für Macron bleibt Merkel die wichtigste EU-Gesprächspartnerin

An dieser Konstellation ändert auch die Tatsache nichts, dass Macron in der jüngeren Vergangenheit allen Grund hatte, über Berlin verärgert zu sein. Die Reaktionen der Bundesregierung auf seine weit reichenden europapolitischen Vorstöße vom Herbst 2017 waren – gelinde gesagt – zurückhaltend. Lange Zeit sah es so aus, als wolle Merkel den französischen Präsidenten komplett im Regen stehen lassen. Bei aller Frustration hat Macron – anders als sein Vorgänger François Hollande – aber nie den Versuch unternommen, an der Bundesregierung vorbei neue Allianzen in der EU zu schmieden, etwa mit den südeuropäischen Ländern.

Der deutsch-französische Motor nimmt wieder Fahrt auf

Ohnehin nimmt der deutsch-französische Motor inzwischen wieder Fahrt auf. Beim Euro-Zonen-Budget, mit dem Macron den Zusammenhalt der Länder mit der Gemeinschaftswährung festigen will, liegt inzwischen ein gemeinsamer Vorschlag aus Berlin und Paris auf dem Tisch. Und auch bei den strikten Vorgaben für den Export deutscher Rüstungsgüter signalisiert die Kanzlerin inzwischen Gesprächsbereitschaft. Bei der Sicherheitskonferenz in München hatte sie eine „gemeinsame Kultur der Rüstungsexporte“ angemahnt, was letztlich auf eine Lockerung der deutschen Exportrichtlinien hinauslaufen würde.

Bei ihrem Treffen mit Macron in Paris nahm die Kanzlerin am Mittwoch diesen Faden wieder auf. Sie kam auf ein deutsch-französisches Papier im Zusammenhang mit dem Aachener Freundschaftsvertrag zu sprechen, dem zufolge Rüstungsexporte bei deutsch-französischen Gemeinschaftsprojekten vereinfacht werden sollen. Dass Merkel in diesem Punkt Macron entgegenkommt, ist nicht zu unterschätzen. Wenn die Stärkung der europäischen Verteidigungspolitik nicht allein ein Thema für Sonntagsreden bleiben soll, dann sollte die Bundesregierung sich zu einer Lockerung der Exportrichtlinien durchringen – trotz der Bedenken der SPD.

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