Präsidentschaftswahl: Frankreich wird ein unbequemer Partner
Nach Herausforderer Hollande will auch Sarkozy eine neue Rolle für die Europäische Zentralbank.
Frankreich ist auf dem besten Weg, ein unbequemer EU-Partner zu werden. Ob Nicolas Sarkozy oder François Hollande, wer auch immer aus der Präsidentenwahl am 6. Mai als Sieger hervorgehen wird, die übrigen Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland, müssen sich darauf einstellen, dass die künftige Regierung in Paris bestimmte bestehende Verträge und Regeln infrage stellen wird. Jüngstes Beispiel ist der Vorstoß, den Präsident Sarkozy gegen die Europäische Zentralbank (EZB) unternahm. Im Fall seiner Wiederwahl werde er eine „Debatte über die Rolle der Europäischen Zentralbank bei der Unterstützung des Wachstums“ eröffnen, erklärte er am Sonntag bei seiner Massenkundgebung auf dem Concorde- Platz in Paris.
Sarkozy kündigte damit das Abkommen auf, das er im vergangenen November im Beisein des italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti mit Bundeskanzlerin Angela Merkel geschlossen hatte. Um den deutsch-französischen Dauerstreit über die Frage zu beenden, ob die EZB außer für Geldwertstabilität auch für Wachstum zuständig sei, hatten sich beide darauf geeinigt, die Rolle der EZB nicht mehr öffentlich zu diskutieren. Die Frage dürfe jetzt jedoch nicht mehr umgangen werden, sagte Sarkozy. Wachstum werde es in Europa ohne die EZB nicht geben. Doch der EZB seien durch den Vertrag von Maastricht starre Grenzen gesetzt.
Einen erweiterten Aufgabenbereich für die EZB hatte schon zu Beginn seines Wahlkampfs der Präsidentschaftskandidat der Sozialisten, Hollande, gefordert. Das hatte ihm von Sarkozy damals noch den Vorwurf der „Verantwortungslosigkeit“ eingebracht. Hollande strebt außerdem eine Ergänzung der von den Unterzeichnerstaaten noch nicht ratifizierten EU- Fiskalunion an: Sie soll um ein Kapitel zum Wachstum ergänzt werden.
Wie Sarkozy gegen den Willen Berlins das EZB-Mandat ändern will, ist unklar. Sicher ist, dass er mit seinem Tabubruch euroskeptische Wähler zu erreichen hofft, welche den Kandidaten der Nationalen Front, Marine Le Pen, und der Linksfront, Jean-Luc Mélenchon, zuneigen.
Diese Wählerschaft hatte Sarkozy, der laut jüngsten Umfragen hinter Hollande zurückliegt, auch im Auge, als er den EU- Partnern kürzlich andere ultimative Forderungen ankündigte: die Revision des Schengener Abkommens über den freien Reiseverkehr, die Bevorzugung europäischer Firmen bei internationalen Ausschreibungen oder das Einfrieren der französischen EU-Beiträge.