zum Hauptinhalt
Der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer gab am Donnerstag seinen Rückzug bekannt.
© dpa

Burschenschaftsaffäre in Österreich: FPÖ-Politiker mit Verbindung zur "Germania" tritt zurück

Der jüngste Wahlerfolg ist noch frisch, da zieht FPÖ-Politiker Landbauer Konsequenzen aus seiner Verbindung zu "Germania". So groß die Empörung jetzt ist, überraschen kann das alles nicht.

In Österreich könnte demnächst ein Verein mit dem Motto „Deutsch und treu in Not und Tod“ verboten werden, was aber nicht an dem Leitspruch liegt – den trägt die Burschenschaft „Germania“ schon mehr als 100 Jahre. Es geht vielmehr um das offizielle Liederbuch der Verbindung, in dem Texte vorkommen, die die Vernichtung der Juden bejubeln.

Für die Burschenschaft verhängnisvoll wurde das, weil ihr Vize- Vorsitzender Udo Landbauer bei der niederösterreichischen Landtagswahl am vergangenen Sonntag für die FPÖ angetreten war (und kräftige Zuwächse einfuhr) – dem Koalitionspartner der ÖVP von Sebastian Kurz in Wien. Kurz distanzierte sich deutlich, und der österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen forderte Landbauers Rücktritt. Erst verweigerte sich der 31-Jährige, weil er von den Texten nichts gewusst habe, dann gab er am Donnerstag nach: Er werde sein Mandat in Niederösterreich nicht annehmen und auch sein Amt als Stadtrat in der Wiener Neustadt niederlegen.

So groß die Empörung über die Germania und ihre Verbindung zur FPÖ nun sein mag, überraschend ist das alles nicht.

Einzelfall? Ach bitte!

Es zeigt nur, wie unkritisch nicht nur die Politik, sondern die Wähler mit der Vergangenheit des Landes und mit der FPÖ umgehen. So richtig schocken tut das alles in Wirklichkeit kaum einen. Und würde man sich in den diversen Burschenschaftshäusern, den Buden, des Landes genauer umsehen, kämen wohl viele solcher Beispiele wie bei der Germania zutage. Einzelfall? Ach bitte.

Andreas Perham, Mitarbeiter des Dokumentationsarchivs Österreichischer Widerstand (DÖW) zitiert in einem Aufsatz über Österreichs Burschenschaften einen Bericht des Innenministeriums aus dem Jahr 2000, in dem es heißt, dass mehrere Burschenschaften rechtsextreme Ideologie verbreiten würden. In seinem 2017 veröffentlichten Buch „Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften“ berichtet der Journalist Hans-Henning Scharsach von Arierparagrafen in Mitgliedschaftsstatuten und bezeichnet die Verbindungen als „völkisch-deutschnationale Speerspitze der FPÖ“. Regelmäßig muss die Partei Mitglieder ausschließen, zuletzt einen Funktionär, der ein Neonazi-Lied auf Facebook geliked hat. Ein noch aktiver Nationalratsabgeordneter findet, dass es auch „gute Seiten am Nationalsozialismus“ gegeben hat. Das ist alles bekannt. Trotzdem haben die Österreicher die Partei in die Regierung gewählt.

Zur Startseite