Anzeigen gegen Mitglieder der Bush-Regierung: Folterpraktiken der CIA: US-Präsident und Mitarbeiter sollen vor Gericht
Die Folterungen des amerikanischen Geheimdienstes CIA sollen ein gerichtliches Nachspiel haben. Nach der Anzeige von Linksfraktionschef Gregor Gysi gegen den ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush hat jetzt auch das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin Strafanzeige gestellt.
Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin hat heute beim Generalbundesanwalt Strafanzeige gegen den ehemaligen Chef des US-Geheimdienstes CIA George Tenet, gegen den ehemaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sowie gegen weitere Mitglieder der Regierung des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush eingereicht. Das ECCHR wirft Tenet, Rumsfeld und zahlreichen weiteren Personen Kriegsverbrechen der Folter nach dem Völkerstrafgesetzbuch vor. Den Tatbestand der Folter hat zuletzt der Geheimdienstausschuss des US-Senats in seinem Bericht zu den CIA-Verhörmethoden befunden. "Die Architekten des Folter-Systems - Politiker, Beamte, Geheimdienstler, Juristen und ranghohe Armeeangehörige - gehören vor Gericht", teilte ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck in einer Pressemitteilung mit. Kaleck ist heute zu diesem Thema auch im Rechtsausschuss des Bundestages geladen. "Deutschland kann mit Ermittlungen gegen die Mitglieder der Bush-Regierung einen Beitrag dazu leisten, dass die Verantwortlichen für Verschleppungen, Misshandlungen und illegale Inhaftierungen nicht straffrei bleiben."
Der Bericht des US-Senats widmet einen Abschnitt explizit dem Fall des deutschen Staatsbürgers Khaled al Masri, den CIA-Agenten 2004 wegen einer Namensverwechselung verschleppten und in einem geheimen Haftlager in Afghanistan folterten. Der Bericht hält fest, "dass der damalige CIA-Direktor nach Feststellung der Rechtswidrigkeit weitere Schritte gegen Verantwortliche im konkreten Fall explizit abgelehnt hat", heißt es in der Strafanzeige.
Das ECCHR fordert von Generalbundesanwalt Harald Range gegen Tenet, Rumsfeld und die anderen Beschuldigten zu ermitteln sowie sofort einen sogenannten Beobachtungsvorgang anzulegen. Das ermögliche den deutschen Behörden "im Falle der Einreise eines Tatverdächtigen in den europäischen Rechtsraum unverzüglich handeln zu können und nicht erst in die komplexen Ermittlungen und rechtlichen Erwägungen einsteigen zu müssen."
Kaleck hat gemeinsam mit der US-amerikanischen Organisation Center for Constitutional Rights (CCR) bereits 2004 und 2006 Strafanzeige gegen Tenet und Rumsfeld in Deutschland und 2011 gegen Bush in der Schweiz eingereicht. Das ECCHR ist an Verfahren zum US-Gefangenenlager Guantanamo in Spanien und Frankreich beteiligt. Die aktuelle Strafanzeige des ECCHR unterstützen der ehemalige UN-Sonderberichterstatter über Folter Manfred Nowak, das CCR in New York mit seinem Präsidenten Emeritus Michael Ratner und seinem Vize-Präsidenten Peter Weiss, die Preisträgerin des Martin Ennals Awards 2014 Alejandra Ancheita, die Professorin für Internationales und Öffentliches Recht an der Freien Universität Brüssel Annemie Schaus, der Professor für Strafrecht, an der Universität Hamburg Florian Jeßberger und der Berliner Rechtsanwalt Dieter Hummel.
Zuvor hatte bereits Linksfraktionschef Gregor Gysi Strafanzeige gegen den ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush wegen der Foltervorwürfe gegen den Geheimdienst CIA gestellt. Dem Tagesspiegel liegt Gysis Brief an den Generalbundesanwalt vor. Nach dem Folterbericht des US-Senats wird der erste Politiker in Deutschland aktiv. In einem Brief an den Generalbundesanwalt Harald Range fordert Gregor Gysi, Fraktionschef der Linken im Bundestag, die sofortige Aufnahme von Ermittlungen gegen den früheren US-Präsidenten George W. Bush, seinen damaligen Vizepräsidenten Dick Cheney, Ex-CIA-Chef George Tenet, zwei Militärpsychologen sowie gegen unbekannt. Wörtlich heißt es im Schreiben:
"Die durch den Senatsbericht bekannt gewordenen Folterpraktiken erfüllen die Tatbestände der schweren Körperverletzung, der Erpressung, des Menschenraubs sowie zumindest in einem Fall auch des Mordes. Die Art der Tatbegehung durch Angehörige und beauftragte Mitarbeiter der CIA offenbart teilweise zutiefst bestialische und sadistische Motive, Neigungen und Methoden der Beteiligten."
Gysi begründet seinen Schritt mit Zweifeln, dass es in den USA zu einer Anklage kommen wird: "Nach Aussage aller Justizverantwortlichen der Vereinigten Staaten von Amerika besteht keinerlei Bereitschaft, diese Verbrechen dort zu verfolgen, obwohl die Vereinigten Staaten von Amerika bekannter Weise der UN-Konvention gegen die Folter beigetreten sind." Gysi, der selbst als Anwalt arbeitet, sieht beim Generalbundesanwalt eine Zuständigkeit.
Der US-Senat hatte vergangene Woche einen Bericht zu den US-Verhörmethoden im Kampf gegen den Terror in den Jahren 2002 bis 2009 veröffentlicht. Dazu zählten das berüchtigte „Waterboarding“ (simuliertes Ertränken) und der Zwang, in schmerzhafter Stellung auszuharren. Bush war von 2001 bis 2009 US-Präsident. (lha/Tsp/dpa)