zum Hauptinhalt
Der Flugschreiber aus dem Cockpit der abgestürzten Boeing von Malaysia Airlines ist nach Angaben des niederländischen Sicherheitsrates nicht manipuliert worden.
© Reuters

Nach ersten Untersuchungen: Flugschreiber von Flug MH17 nicht manipuliert

Der Flugschreiber der MH17 soll ersten Untersuchungen zufolge nicht von russischen Separatisten verändert worden sein. In den Niederlanden trauern die Menschen um die heimkehrenden Absturzopfer.

Der Flugschreiber aus dem Cockpit der abgestürzten Boeing von Malaysia Airlines ist nach Angaben des niederländischen Sicherheitsrates nicht manipuliert worden. Das habe eine gründliche Untersuchung des Stimmrekorders ergeben, teilte der Rat am Mittwochabend in Den Haag mit. „Der Cockpitrekorder war beschädigt, aber die Speicher waren intakt.“ Internationale Spezialisten in Großbritannien hätten die Aufzeichnungen heruntergeladen, um sie zu analysieren. Die Arbeit am Flugdatenrekorder werde am Donnerstag beginnen. Der niederländische Sicherheitsrat leitet die Untersuchung des Absturzes von Flug MH17 über der Ostukraine am vergangenen Donnerstag. Die meisten der 298 Opfer waren Niederländer.

Erste Opfer landen in den Niederlanden

Um 15.46 Uhr setzt das Hercules-Transportflugzeug auf niederländischem Boden auf. Wenig später landet auch eine australische Maschine am Flughafen von Eindhoven. Die ersten Todesopfer des Absturzes von Flug MH17 kehren am Mittwoch heim. Ein Trompeter bläst einen letzten Gruß. Dann herrscht Stille. Ein ganzes Land schweigt - eine lange Minute. Auf dem Rollfeld ist nur das Schlagen der Taue an die Fahnenmaste zu hören. Gleich neben den schweren Militär-Maschinen erheben sich die Gäste: Das niederländische Königspaar, Ministerpräsident Mark Rutte, Minister, Abgeordnete und auch Vertreter aus den übrigen Herkunftsländern der 298 Opfer der Katastrophe. Und - abgeschirmt von Dutzenden TV-Kameras aus aller Welt - sehen auch die Hunderten Angehörigen der 193 niederländischen Opfer, wie die 40 Särge aus den Flugzeugen herausgetragen wurden. Für sie muss es ein extrem schwerer Moment sein. Sie wissen noch nicht, ob in den einfachen Holzsärgen die sterblichen Überreste ihrer Männer, Frauen oder Kinder liegen.

König Wilhem-Alexander, Königin Maxima and Premierminister Mark Rutte bei der Trauerfeier am Flughafen.
König Wilhem-Alexander, Königin Maxima and Premierminister Mark Rutte bei der Trauerfeier am Flughafen.
© dpa

Ein Tag der nationalen Trauer

Für die Angehörigen ist nun ein Ende gekommen nach langen quälenden Tagen des politischen Geschachers um ihre Liebsten. Die schlichte aber eindrucksvolle Zeremonie am Flughafen gilt vor allem den Familien.
Das ganze Land will ihnen zeigen, dass sie nicht alleine stehen - nicht nur aus Mitgefühl. Der internationale Streit nach dem Absturz zwischen dem Westen, Russland, der Ukraine und den pro-russischen Rebellen hat den Niederländern deutlich gemacht: Wir sind Opfer eines Krieges geworden. Der Tag der traurigen Heimkehr der Opfer wird zum Tag der nationalen Trauer.
Als die Flugzeuge landen, läuten die Kirchenglocken. Dann steht von Groningen bis Maastricht das Leben still. Züge und Busse stoppen, Radio und Fernsehen verstummen, in den Supermärkten wird nicht kassiert. Die Bürger bleiben auf den Straßen und an den Grachten stehen. Und über den Niederlanden fliegen in dieser Zeit keine Flugzeuge.

Am vergangenen Donnerstag war Flug MH17 der Malaysia Airlines aus Amsterdam abgeflogen mit dem Ziel Kuala Lumpur. 15 Besatzungsmitglieder und 283 Passagiere an Bord - die meisten wollten in den Urlaub fahren. Wenige Stunden später stürzte die Maschine über der Ostukraine ab. Vermutlich von einer Rakete getroffen.

Die Suche nach den Ursachen geht weiter

Auf den Schock folgte das Entsetzen. Tagelang verweigerten die pro-russischen Rebellen in der Ostukraine den internationalen Helfern und Experten den Zugang zur Absturzstelle. Leichen lagen in der sengenden Sonne. Die ohnmächtige Verzweiflung vieler Angehöriger kommt in einem Appell einer Mutter aus Rotterdam zum Ausdruck: „Mr. Putin“, fleht sie den russischen Präsidenten aus der Ferne an, „bringen Sie meine Kinder nach Hause.“ Zuhause müssen Familien und Freunde im Fernsehen mitansehen, wie schwer bewaffnete Rebellen in den Koffern ihrer Liebsten wühlten.

Der niederländische Außenminister Frans Timmermans sprach dann aus, was viele fühlten: In den gegenseitigen Schuldzuweisungen waren die Opfer zum Spielball geworden, das Leiden der Angehörigen zur Nebensache. „Stellen Sie sich vor, Sie erfahren, dass Ihr Mann getötet wurde und dann, zwei oder drei Tage später sehen sie Bilder, wie irgendein Verbrecher den Ehering von seiner Hand stiehlt“, sagte Timmermans am Montag den Mitgliedern des Weltsicherheitsrates in New York. „Bis an mein Lebensende werde ich nicht verstehen, warum es so lange gedauert hat, bis den Rettern erlaubt wurde, ihre schwierige Arbeit zu machen und dass die Leichen von Menschen für ein politisches Spiel missbraucht wurden.“ Die Ankunft der Opfer in den Niederlanden ist die erste Etappe auf einem langen Weg. Die Suche nach den Ursachen geht weiter, und dann wollen die Niederlande auch die Schuldigen vor Gericht bringen. Zunächst müssen aber die Opfer identifiziert werden. „Das kann manchmal schnell gehen, aber kann auch Wochen, vielleicht Monate dauern“, hatte Ministerpräsident Rutte gesagt. Erst dann können die Familien ihre Toten begraben. Und erst dann ganz privat, fern von den Kameras und der Weltpolitik trauern.

Zur Startseite