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Christian Dürr, FDP-Fraktionsvorsitzender im Bundestag
© dpa/Kay Nietfeld
Update

„Ungeheuerlich, wie CDU und CSU durch Pandemie irren“: FDP wirft Union Schlingerkurs bei Teil-Impfpflicht vor

Mehrere Unions-Politiker fordern die Aussetzung der Corona-Impfpflicht. Das führt zu einem großen Vertrauensverlust, beklagt FDP-Fraktionschef Dürr.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr hat der Union einen Schlingerkurs in der gerade erst beschlossenen Impfpflicht für Personal in Kliniken und Pflegeheimen vorgehalten. Dürr kritisierte am Mittwoch insbesondere den saarländischen Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU), der am Vorabend in den ARD-„Tagesthemen“ gefordert hatte, der Vollzug des Gesetzes sollte bundeseinheitlich ausgesetzt werden, denn es brauche „bundeseinheitliche Anwendungen“.

Hans wolle sich nun „für etwas aus der Verantwortung stehlen, was er selbst beschlossen hat“, sagte Dürr der Deutschen Presse-Agentur.

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„Bundestag und Bundesrat haben der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gemeinsam zugestimmt, mit den Stimmen von CDU und CSU. Durch die von der Ampel beschlossenen Anpassungen am Infektionsschutzgesetz kann jedes Bundesland nun selbst über solche Regelungen entscheiden“, sagte Dürr. „Das gilt auch fürs Saarland. Der Schlingerkurs von Herrn Hans ist daher nicht nachvollziehbar und führt zu einem großen Vertrauensverlust. Es ist ungeheuerlich, wie CDU und CSU durch die Pandemie irren.“

In den ARD-„Tagesthemen“ warnte Hans am Dienstagabend vor großen Unterschieden bei der Umsetzung in den einzelnen Bundesländern, die teils großzügige Übergangsfristen planten. Das könne zu einem „unverantwortlichen Verschiebebahnhof“ ungeimpfter Pflegekräfte führen, die dann möglicherweise in anderen Ländern arbeiten würden. „Damit ist den zu schützenden Personen nicht geholfen“, sagte der CDU-Politiker.

Lauterbach appelliert an die Länder

Die ab Mitte März für das Personal unter anderem in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen geltende Impfpflicht steht seit Wochen in der Kritik. Die Pflegebranche befürchtet eine Verschärfung des Personalmangels durch Abwanderung. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Montag angekündigt, die Regeln in seinem Bundesland vorerst nicht durchzusetzen. Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte eine bundesweite Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gefordert.

Der saarländische Ministerpräsident Hans wies zudem darauf hin, dass seit der Verabschiedung des Gesetzes klar geworden sei, dass selbst eine dreifache Impfung nicht wirksam vor einer Übertragung des Virus in der Omikronvariante schütze. Das mache eine Impfpflicht „höchst anfällig“ dafür, Klagen nicht standzuhalten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) indes sieht die Bundesländer in der Verantwortung, die Einhaltung des ab Mitte März geltenden Gesetzes zu kontrollieren.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach sagte im „heute journal“ des ZDF, das Gesetz sei nur so gut, wie seine Einhaltung kontrolliert wird. „Und wenn ein Bundesland signalisiert: 'Wir kontrollieren das nicht', dann werden natürlich die Einrichtungen gar nicht erst melden, wer nicht geimpft ist“, sagte er am Dienstagabend. Allerdings könne der Bund das Land Bayern kaum zwingen, sich an die Absprachen zu halten.

„Ich hoffe, wir können hier mit der ganz normalen Vernunft auch arbeiten“, sagte Lauterbach. Das beschlossene Gesetz könne nicht so einfach zurückgedreht werden, aber es sei eben möglich, es nicht umzusetzen.

Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gehe es darum, besonders gefährdete Menschen vor Infektionen und Tod zu schützen. „Hier geht es nicht um eine Kleinigkeit“, betonte Lauterbach. Zudem wies er darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch einen anderen ansteckt, „sehr viel geringer“ sei, wenn er geimpft ist. Die Position „Eine Impfung bringt nichts“ sei wissenschaftlich nicht haltbar.

Der designierte Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour findet es "irritierend", dass Bayern die Impfpflicht für Pflegekräfte vorerst nicht umsetzen will. "Das ist Bundesgesetz und muss umgesetzt werden, das ist überhaupt keine Frage", sagte Nouripour am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". "Es geht nicht, dass plötzlich ein Land ausscheidet und sagt, wir wollen Recht und Gesetz nicht umsetzen."

Nouripour räumte ein, dass es bei dem Gesetz noch offene Fragen gebe. Es seien alle eingeladen, "sich zusammenzusetzen und Probleme, die es noch geben kann und gibt, zu lösen", sagte er. Der Union warf er vor, dass sie ausgerechnet bei dieser Frage, "die wirklich das gesamte Land umtreibt, wo es wirklich um schnelles Handeln geht", ihre Oppositionsrolle schärfen wolle.

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Ärztepräsident Klaus Reinhardt indes hält es für falsch, Impfunwilligen sofort mit Kündigung zu drohen. Es müsse erst einmal darum gehen, ungeimpfte Menschen im Gesundheitsweisen in einer Übergangsphase dazu zu bewegen, sich doch noch freiwillig impfen zu lassen, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ und riet der Politik: „Man muss sich jetzt die Zeit nehmen, um zu erörtern, welche Konsequenzen ein unvollständiger Impfstatus für den einzelnen Beschäftigten haben soll und wie man Impfunwillige überzeugen kann.“

Die Bevölkerung ist einer Umfrage zufolge geteilter Meinung. Rund 46 Prozent bewerteten eine bundesweite Aussetzung in der Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov als sehr oder eher unangemessen. Etwas weniger, nämlich 41 Prozent, halten eine solche Aussetzung laut der am Mittwoch veröffentlichten Umfrage für sehr oder eher angemessen. Der Rest machte keine Angabe. (epd, dpa)

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