„Nach links gegangen“: FDP-Chef blickt skeptischer auf Jamaika-Bündnis
Christian Lindner wirft den Grünen „autoritären Ökologismus“ vor. Bei der Klimadebatte sieht er eine „Überreizung“.
FDP-Chef Christian Lindner hat sich skeptisch zu einem Jamaika-Bündnis auf Bundesebene geäußert. Die Grünen seien inzwischen „nach links gegangen“, sagte der FDP-Chef der Wochenzeitung „Die Zeit“. „Sie sprechen von Enteignungen, Steuererhöhungen und Verboten“, ergänzte er. „Hinter philosophischem Vokabular steckt die Option Grün-Rot-Rot.“ Er wage keine Prognosen. Vor wenigen Tagen hatte Lindner nach Teilnehmerangaben im Gespräch mit Unions-Wirtschaftspolitikern gesagt, die FDP stünde im Falle eines Bruchs der großen Koalition bereit, über einen neuen Anlauf für ein Jamaika-Bündnis oder die Stützung einer Unions-Minderheitsregierung zu reden.
An die Adresse der Grünen fügte der FDP-Chef hinzu: „Die Frage ist: Träumt man wie (Grünen-Chef) Robert Habeck von einer Gesellschaft, in der es keinen Fleischkonsum mehr gibt? Ich sage: Wer vegan leben will, soll es gern tun. Das Schnitzel sollte den anderen aber nicht verboten werden.“ Im Unterschied zu einem „autoritären Ökologismus, der ohne Rücksicht auf Verluste Freiheit aufgibt“, sei es die Vision der Liberalen, dass Freiheit und Wohlstand in einer klimaneutralen Gesellschaft erhalten blieben.
Im Bezug auf die Klimaschutzdebatte sieht Lindner derzeit eine „Überreizung“. Häufig sei die Rede von „Klimanotstand“ und „Klimakollaps“, sagte Lindner. „Die Aufgabe des Liberalismus ist es, auf Vernunft und Verhältnismäßigkeit zu bestehen, darauf, dass selbst der gute Zweck nicht alle Mittel heiligt.“
Lindner forderte eine Ausweitung des CO2-Zertifikate-Handels und eine „Klimadividende“, um den Ausstoß des klimaschädlichen Gases einzudämmen. Der CO2-Ausstoß müsse „für die Menschheit begrenzt werden“, argumentierte er. „Der CO2-Zertifikate-Handel hat sich entgegen anderslautenden Gerüchten bewährt. Die Lenkungswirkung hat im vergangenen Jahr begonnen.“
Die Einnahmen aus einem CO2-Marktmechanismus sollten pro Kopf an die Menschen zurückgezahlt werden, „als eine Art Klimadividende“, forderte er. Das bedeute: „Wer weniger CO2 verursacht, als ihm pro Kopf zustünde, hat dann doch einen finanziellen Vorteil.“ (dpa)