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Im BLICK: Falsche Herkunft, keine Ehe?

Andrea Dernbach über den Deutschtest für nachziehende Eheleute. Seit der Test vorgeschrieben ist, häufen sich die kuriosen bis tragischen Fälle.

Im Bundestag berichtete kürzlich ein junges deutsch-kenianisches Paar über einen Hürdenlauf ins gemeinsame Leben, der selbst den Autor von „Romeo und Julia“ beeindruckt haben dürfte. Sina und Teddy West hatten sich verliebt, als die Hamburgerin nach dem Abitur ein Jahr lang in einem kenianischen Kinderheim arbeitete. 2007 heirateten sie, doch an ein Eheleben war nicht zu denken, denn seit jenem Jahr macht Deutschland den Umzug davon abhängig, dass ausländische Ehepartner mindestens einfaches Deutsch sprechen. Der Grafikdesigner West kündigte also seine Stelle, um nach Nairobi zu ziehen und am dortigen Goethe-Institut, dem einzigen des Landes, Deutsch zu lernen. Unterhalten musste ihn nun die Studentin Sina. Pech, dass damals in Kenia gewählt wurde, das Institut wegen der Gewalt auf den Straßen zeitweise dicht war und Teddy, der unverdrossen weiterlernte, auf dem Schulweg zwischen die Fronten und in U-Haft geriet. Die Anklage „Hochverrat“ konnte Sina mit Schmiergeld abwenden. Den Sprachtest bestand Teddy, der acht Sprachen spricht und drittbester im Kurs war, knapp nicht. Die beiden vor ihm hatten bereits in Deutschland gelebt.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Sprachprüfung vor Einreise in dieser Woche dennoch bestätigt. Dass die Klägerin, eine türkische Mutter von fünf Kindern, nicht nur 400 Kilometer vom nächsten Deutschkurs entfernt war, sondern auch Analphabetin war, überzeugte die Richter nicht. Es sei in einem Jahr zu schaffen, erst einmal Lesen und Schreiben und anschließend Deutsch zu lernen.

Seit 2007 der Sprachtest auch für Eheleute vorgeschrieben ist, häufen sich beim Petitionsausschuss des Bundestags, bei Migrantenorganisationen oder auch beim Roten Kreuz die kuriosen bis tragischen Fälle, die die Theorie des Gesetzgebers, dass Deutschlernen jedem und überall mit etwas gutem Willen möglich sei, ad absurdum führen: Eine Ehefrau in Russland, die erblindet und daher nicht zum Deutschkurs kann, eine Afghanin, die Morddrohungen bekommt, weil sie lernt. Dabei bekennt sich selbst das geänderte Aufenthaltsgesetz dazu, dass die Aufenthaltserlaubnis dem „Schutz von Ehe und Familie“ Genüge tun müsse, wie es Artikel 6 des Grundgesetzes fordert. Der Erste Senat des Bundesverwaltungsgericht sah dies jetzt freilich lockerer: Artikel 6 verpflichte nur „zum schonenden Ausgleich“ zwischen dem privaten Interesse eines Paares zusammenzuleben und dem „öffentlichen Interesse“.

Dieses öffentliche Interesse wurde vor der Novellierung doppelt begründet: Man wollte Zwangsehen verhindern und die Integration der ausländischen Ehepartner erleichtern. Der Grünen-Migrationspolitiker Josef Winkler hält dagegen: Liege eine Zwangsehe vor, sei die längst geschlossen, wenn die Importbraut den Kurs besuche. Und beim Deutschlernen helfe ein deutsches Familienleben allemal mehr als Büffeln im Ausland. Der Ehegattennachzug aus der Türkei ist inzwischen um 60 Prozent vermindert – „der Gesetzeszweck, der nicht im Gesetz steht, ist erfüllt“, bemerkt Winkler ironisch.

Sina West sagt es drastischer; sie habe sich als Objekt von amtlichem Rassismus gesehen: „Ehen wie unsere sollen verhindert werden.“ Und das belaste sie weiter.

Andrea Dernbach

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