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Wer arbeitet mit unseren Daten? Bis zu 50 Millionen Facebook-Nutzer sollen für den Trump-Wahlkampf ausgeforscht worden sein.
© REUTERS
Update

Skandal um Cambridge Analytica: Facebook wegen Datenmissbrauch unter massivem Druck

50 Millionen Nutzer sind betroffen: Nach dem Datenskandal bei Facebook ermittelt Großbritannien gegen den Konzern. Der Aktienkurs stürzt ab, die Politik prüft stärkere Regulierung.

Nach dem Skandal um einen massiven Missbrauch von Nutzerinformationen wächst der Druck auf Facebook. In den vergangenen beiden Tagen verlor der Börsenwert des Unternehmens mehr als 60 Milliarden Dollar. Die britische Datenschutzbehörde (ICO) gab am Dienstag bekannt, gegen den US-Konzern zu ermitteln. Sie beantragte auch einen Durchsuchungsbefehl für die Londoner Zentrale der Datenanalysefirma Cambridge Analytica, die mutmaßlich illegal an Informationen von bis zu 50 Millionen Facebook-Nutzern gekommen war. Diese soll sie genutzt haben, um US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf zu unterstützen und mittels personalisierter Werbung Wahlentscheidungen zu beeinflussen.

Die Datenanalysten von Cambridge Analytica zogen am Dienstagabend aus den Enthüllungen eine erste Konsequenz, indem sie ihren Chef suspendierten. Geschäftsführer Alexander Nix werde mit sofortiger Wirkung während einer "vollumfänglichen, unabhängigen Ermittlung" von seinen Aufgaben entbunden, teilte das Unternehmen mit.

Notz: Bundesregierung darf Rechtsbruch nicht tolerieren

Auch in Deutschland reagieren Experten und Politiker empört auf den Skandal. Der bundesweit für Facebook zuständige Hamburger Datenschutzbeauftragte schaltete sich in die Affäre ein. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sagte, sollten sich die Vorwürfe bestätigen, so „wäre dies jedoch ein alarmierendes Beispiel für die großen Risiken der Profilbildung im Internet, vor denen die BfDI und andere Datenschutzaufsichtsbehörden bereits seit Jahren warnen.“ Auch die Politik solle in Anbetracht von solchen Vorfällen erkennen, dass zum Schutz des Menschen in der digitalen Welt ein starker Datenschutz erforderlich sei und nicht das Gegenteil.

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz wählte noch schärfere Worte und forderte die Bundesregierung zum Handeln auf. „Sie darf nicht länger tolerieren, dass Facebook seit Jahren deutsches Recht bricht“, sagte er dem Tagesspiegel. Es brauche eine Stärkung der Datenschutzaufsichtsbehörden, „die von der Bundesregierung über Jahre bewusst klein gehalten wurden“.

Die netzpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Anke Domscheit-Berg, forderte eine Anti-Monopol-Regulierung für den digitalen Raum. „Bislang werden die Regulierungsmöglichkeiten in Deutschland und Europa nicht ausgeschöpft – trotz unserer Marktmacht“, sagte sie dem Tagesspiegel. Wenn man Facebook nicht zerschlagen wolle, müsse das Unternehmen gezwungen werden, transparenter zu agieren und den Nutzern die Hoheit über ihre Daten zu geben. Auch in Deutschland gibt es 30 Millionen aktive Facebook-Nutzer.

Hoffnung auf neues EU-Recht

Der netzpolitische Sprecher der FDP, Manuel Höferlin, erklärte, dass wenn sich die Vorwürfe gegen die Datenanalysefirma Cambridge Analytica als richtig herausstellen sollten, „so darf dies nicht ohne Konsequenzen für Facebook im Umgang mit solchen Kunden bleiben.“ Yannick Haan, Sprecher des Forums Netzpolitik der Berliner SPD, wies darauf hin, dass es absurd sei, dass nicht einmal klar darüber diskutiert werden könne, welche Nutzerinformationen genutzt wurden, weil Facebook so intransparent arbeite: „Diese Transparenz muss Facebook herstellen“, forderte er.

Der netzpolitische Sprecher der SPD, Jens Zimmermann, verwies auf die europäische Datenschutzgrundverordnung, die im Mai in Kraft tritt. „Dann kann sich Facebook nicht mehr hinter den laschen Datenschutzstandards in Irland verstecken, wo das Unternehmen derzeit seinen europäischen Sitz hat“, sagte er. Der Bundestag habe nach den neuesten Enthüllungen viele Fragen an Facebook, erst einmal werde man aber abwarten, „was die Kollegen in den USA und in Großbritannien zu Tage fördern“.

Generalstaatsanwälte aus den US-Bundesstaaten Massachusetts und Connecticut ermitteln, wie mit den Facebook-Daten genau umgegangen wurde. Auch das Büro des Generalstaatsanwalts in Kalifornien, dem Unternehmenssitz von Facebook, hat Bedenken geäußert.

Streit um Facebook-Sicherheitschef

Den neuesten Enthüllungen der „New York Times“ und des britischen „Observer“ zufolge waren die Daten abgeflossen, indem ein Professor eine Umfrage zu Persönlichkeits-Merkmalen aufgesetzt hatte, die er bei Facebook als wissenschaftliche Forschung angemeldet hatte. Mindestens 270.000 Nutzer machten den Test, dabei wurden auch die Daten ihrer Freunde ausgelesen. Die insgesamt 50 Millionen Nutzerdaten sollen dann widerrechtlich und ohne deren Wissen an Cambridge Analytica weitergegeben worden sein.

Bei Facebook rumort es auch intern. Die „New York Times“ berichtete, dass der in Fachkreisen angesehene Sicherheitschef Alex Stamos Facebook verlassen wolle. Er habe sich dafür eingesetzt, offener über die russische Einmischung in den US-Präsidentenwahlkampf 2016 zu informieren, sei aber von anderen Managern abgebügelt worden, schrieb die Zeitung. Während Stamos selbst twitterte, dass er weiterhin bei Facebook angestellt sei, sich nun aber verstärkt um Sicherheit bei Wahlen kümmere, schrieb die „New York Times“, dass er lediglich noch bis Ende August 2018 bei Facebook bleiben solle, um den Skandal nicht zu vergrößern. (mit AFP)

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