Urteil zu Srebrenica: Ex-General scheitert mit Berufung
Das Jugoslawien-Tribunal in Den Haag hat erneut einen Kriegsverbrecher verurteilt. Für die Opfer ist es wichtig, dass ihr Leid nicht mehr geleugnet werden kann.
20 Jahre nach dem Völkermord in Srebrenica hat das UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien einen weiteren Fall abgeschlossen. In einem Berufungsverfahren bestätigte das Gericht die lebenslängliche Strafe gegen den bosnisch-serbischen Ex-General Zdravko Tolimir. Er war nach Ansicht der Richter eine der Schlüsselfiguren bei den Massenmorden in den UN-Schutzzonen Srebrenica und Zepa in Bosnien-Herzegowina. Serbische Einheiten hatten Srebrenica 1995 überrannt und anschließend etwa 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet. Das UN-Tribunal hat die Verbrechen als Völkermord eingestuft und bisher zehn Prozesse zu Srebrenica geführt.
Mladic und Karadzic warten noch auf ein Urteil
Zwei der Hauptverantwortlichen für den Genozid, der frühere Serbengeneral Radko Mladic und der ehemalige Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, stehen noch in Den Haag vor Gericht. Dennoch neigt sich die Ära des Tribunals, das Verbrechen aller Parteien in den Zerfallskriegen des früheren Jugoslawiens behandelt, allmählich dem Ende zu. 161 Personen, Serben, Kroaten, Bosnier und Kosovaren, wurden angeklagt, 80 von ihnen verurteilt. Acht Fälle mit insgesamt 24 Angeklagten werden noch verhandelt. Auch 18 Freisprüche gab es, in 20 Fällen musste die Anklage mangels Beweisen zurückgezogen werden. Einige der Angeklagten schließlich starben, bevor ein Urteil gegen sie erging – so auch Slobodan Milosevic. Für die Opfer war es ein herber Schlag, dass der serbische Diktator nicht zur Rechenschaft gezogen wurde.
Kein Raum für Mythen
Die Prozessdauer wurde immer wieder kritisiert. Grundsätzlich, sagt Marie-Janine Calic, Professorin für Südosteuropäische Geschichte an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, sei es aber gerade für die Opfer wichtig, dass die Fakten präzise aufgearbeitet würden und ihr Leid anerkannt werde. „Besonders im Fall von Srebrenica ist das auch gelungen. Nicht einmal in Serbien wird heute noch geleugnet, was damals geschehen ist.“ Für Mythenbildung und Verschwörungstheorien gebe es daher keine Grundlage mehr. Aber auch nicht für kollektive Schuldzuweisungen, denn dank der juristischen Aufarbeitung seien die Schuldigen individuell benannt und verurteilt worden, so Calic. „Natürlich müssen noch viele andere als die in Den Haag angeklagten Personen an Verbrechen beteiligt gewesen sein“, schränkt sie ein. Und so wird es wohl weitere Prozesse geben, allerdings in den Herkunftsstaaten der Täter. Nach Kroatien und Bosnien geht auch die serbische Justiz inzwischen gegen Kriegsverbrecher vor. Im März wurden in Serbien erstmals sieben Verdächtige im Zusammenhang mit dem Völkermord in Srebrenica festgenommen. Die USA will demnächst außerdem etwa 150 Serben ausliefern, die ihre Mittäterschaft in Srebrenica bei der Einreise in die USA verschwiegen hatten.
Das Kosovo verweigert die Aufarbeitung
Allein im Kosovo findet bisher keine Auseinandersetzung mit eigenen Kriegsverbrechen statt. Im Gegenteil: Zeugen, die in Den Haag aussagen wollten, wurden eingeschüchtert, einige kamen sogar unter ungeklärten Umständen ums Leben. Die darauf wegen Mangels an Beweisen auf freien Fuß gesetzten Angeklagten genießen im Kosovo Heldenstatus. Calic wertet es als „Skandal“, dass es nicht gelang, Täter aus dem Kosovo zu verurteilen. „Schließlich gibt es im Kosovo eine EU-Rechtsstaatsmission mit Staatsanwälten, Ermittlern und Richtern, die das Land beim Aufbau eines Rechtsstaates unterstützen sollen.“
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