Gescheiterter Friedensprozess in Libyen: Europas Libyen-Politik ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht
Der libysche Milizenführer Haftar erklärt die internationale Vermittlung für beendet. Doch den Friedensprozess gab es nur auf dem Papier. Ein Kommentar.
Mit einer Fernsehansprache zerstörte der libysche Milizenführer Chalifa Haftar auch die letzten Hoffnungen auf einen Friedensprozess für das Bürgerkriegsland. Er habe das Mandat des Volkes, um das Land zu regieren, verkündete er. Vor allem aber erklärte Haftar die internationalen Vermittlungsbemühungen für beendet – und das keine 100 Tage nach der Berliner Libyen-Konferenz im Januar.
Doch nicht erst jetzt zeigt sich, dass das Lob, das die Bundesregierung für ihre Rolle als Vermittlerin in diesem Prozess erhalten hat, voreilig war.
Die Bundesregierung hatte die Staaten, die den Bürgerkrieg in Libyen mit ihren Waffenlieferungen überhaupt erst ermöglichen, dazu bewegen wollen, sich dort nicht weiter einzumischen. Das versprachen die Staats- und Regierungschefs in Berlin tatsächlich. Aber kaum waren sie abgereist, landeten in dem Bürgerkriegsland schon die nächsten Transportflugzeuge mit Waffen.
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Es ist also keineswegs so, dass Haftar nun plötzlich den Friedensprozess aufgekündigt hätte – diesen Prozess gab es nur auf dem Papier. An Frieden in Libyen hatten einige der Staaten, die dort einen Stellvertreterkrieg führen, kein Interesse.
Den deutschen Diplomaten bleibt nur der übliche hilflose Appell, dass der Konflikt nicht militärisch gelöst werden könne. Solange aber Haftar auf die Unterstützung Russlands, der Vereinigten Arabischen Emirate und Ägyptens zählen kann, hat er wenig Anlass, sich ernsthaft an einem politischen Prozess zu beteiligen.
Um sich nicht allein auf Absichtserklärungen der ausländischen Akteure verlassen zu müssen, hat die EU allerdings eine neue Marinemission auf den Weg gebracht, die den Waffenschmuggel nach Libyen eindämmen soll. Der Bundestag soll in der kommenden Woche über eine deutsche Beteiligung entscheiden.
Neue Marinemission ist nicht durchdacht
Doch die Mission „Irini“ hat einen Konstruktionsfehler: Haftar ist für seinen Nachschub an Rüstungsgütern nicht auf den Seeweg angewiesen. Die Vereinigten Arabischen Emirate schickten regelmäßig Flugzeuge voller Waffen, und von Ägypten könnte er über den Landweg beliefert werden. Über den Seeweg dagegen kamen überwiegend Rüstungsgüter für die international anerkannte Regierung in Tripolis.
Nachdem Haftar seit mehr als einem Jahr versucht hat, die Hauptstadt militärisch einzunehmen, könnte sich nun schlimmstenfalls das Kräfteverhältnis zu seinen Gunsten verschieben. Diese gut gemeinte, aber nicht durchdachte Mission ist ein weiteres Beispiel für die verfehlte europäische Libyen-Politik.