Bayernwahl: Europas Blick auf "platzende Weißwürste"
Nicht nur in Deutschland, auch in ganz Europa ist die Landtagswahl in Bayern ein Thema. Was die Nachbarländer zum Ergebnis sagen. Ein kleiner Streifzug durch die Zeitungen.
Die Aufmerksamkeit für die bayerische Landtagswahl im Ausland ist enorm – und vielfältig. Hier eine kleine Auswahl internationaler Pressestimmen:
„Der Standard“ (Österreich): „Sehr viele Wählerinnen und Wähler hatten die CSU einfach satt, obwohl das Land wirtschaftlich boomt. Doch das aktionistische Kreuzaufhängen in den Amtsstuben hing ihnen ebenso zum Hals heraus wie das umstrittene Polizeiaufgabengesetz. Unerträglich war das Schauspiel, das der neue Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Chef Horst Seehofer aufführten: Sie kämpften gegeneinander und veranstalteten daneben peinliche Schmuseshows. (...)“
„Kurier“ (Österreich): „Zur Zeit könnte in München eine Weißwurst platzen, schon würden atemlose Medien eine Beschleunigung der Merkel-Dämmerung konstatieren. Nein, das Platzen der CSU-Allmacht ist zunächst eine rein bayerische Angelegenheit. Und dann eine, die weit über Deutschland und Frau Merkel hinaus geht. Die Regierenden verlieren, auch wenn es den Regierten gut geht. Bayern hat die besten Wirtschaftsdaten, hat Wachstum, praktisch Vollbeschäftigung, blühende Unternehmen - und trotzdem sagt der Wähler denen, die die Weichen dafür gestellt haben: trollt euch.“
„El Mundo“ (Spanien): „Ein neues politisches Erdbeben – wie viele hat es bereits gegeben? – erschüttert die Europäische Union. (...) Es ist naiv zu glauben, dass das, was in der Lokomotive der EU passiert, den Fortschritt bei der Integration nicht bremsen wird. Der Absturz der CSU (...) geht mit dem beunruhigenden Aufstieg der extremen Rechten in diesem Bundesland einher, die ein großartiges Ergebnis erzielt.Und nicht weniger wichtig ist der Untergang der SPD, die fast in die Irrelevanz stürzt und einen historischen Schlag erleidet.“
„Dagens Nyheter“ (Schweden): „Die SPD haben es historisch gesehen in Bayern schon immer schwer gehabt. Aber dass sie nun bei voraussichtlich knapp zehn Prozent landen, ist schlimmer, als es sich irgendjemand auch nur vorzustellen gewagt hätte. Wenn die Partei bei der Wahl in Hessen in zwei Wochen ähnlich schlecht abschneidet, dürfte das den Gegnern der großen Koalition weiter Aufwind verschaffen. Für den Fortbestand der Regierung kann das gefährlich werden.“
„Corriere della Sera“ (Italien): „Ist es der letzte Akt der Volksparteien in Deutschland? Von der Wahl in Bayern geht die unmissverständliche Warnung aus, dass es große Umbrüche in der politischen Welt in Deutschland geben wird – sie ist nicht mehr der starre Motor auf der europäischen Bühne.“
„Lidove Noviny“ (Tschechien): „Es ist zu erwarten, dass wegen des schlechten Wahlergebnisses der Druck auf Seehofer wächst, den Parteivorsitz abzutreten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder scheint indes fest im Sattel zu sitzen, denn er hat die Parlamentsfraktion und wichtige Vertreter der CSU hinter sich.“
„Neue Zürcher Zeitung“ (Schweiz): „Dass Angela Merkel nichts mit der Niederlage der CSU zu tun hatte, wird niemand behaupten können. Ohne personelle Konsequenzen kann eine solche Niederlage nicht bleiben.Ministerpräsident Markus Söder gilt zwar als unpopulär, doch Bundesinnenminister Horst Seehofer, der Chef der CSU, stand bei sämtlichen Streitereien, welche die große Koalition in den vergangenen Monaten erschütterten, im Zentrum des Geschehens. Seine Zeit als Minister könnte bald schon zu Ende sein.“
„Le Républicain lorrain“ (Frankreich) schreibt: „Deutschland erweckt nunmehr den Eindruck, von einer Koalition von Verlierern geführt zu werden, die von der Angst vor einer vorgezogenen Wahl angetrieben wird (...). Der einzige Funke Hoffnung (in Deutschland)ist der bemerkenswerte Durchbruch der Grünen, die auf die zweite Stufe des bayrischen Siegertreppchens gestiegen und so wieder mögliche Partner für eine Koalition geworden sind.“
„Guardian“ (Großbritannien): „Die schlechte Performance der CSU könnte paradoxerweise zur Stärkung der Kanzlerin führen. (...) Merkel, deren Autorität nie offener in Frage gestellt wurde als seit der Bundestagswahl (...) könnte davon profitieren, dass zwei ihrer schwergewichtigsten konservativen Herausforderer als unzureichend befunden wurden.“