Aufnahme gefangener IS-Kämpfer: Europa steht in der Pflicht
Der US-Präsident drängt die Europäer, in Syrien gefangene IS-Kämpfer aufzunehmen. Warum Empörung über Trump hier die falsche Reaktion ist.
Es fällt schwer, sich daran zu gewöhnen, dass Partner mit infamen Drohungen gefügig gemacht werden sollen. Wenn US-Präsident Donald Trump die Europäer auffordert, in Syrien gefangene IS-Kämpfer "zurückzunehmen", da er diese ansonsten freilassen werde, ist das solch eine infame Drohung – ausgesprochen über Twitter. Sie ist auch deshalb so infam, weil Trump im nächsten Tweet sagt, dass diese mehr als 800 Extremisten ohnehin nach Europa zurückkehren würden. Die Botschaft: Wir haben lange genug gegen "eure Terroristen" gekämpft. Nun seid ihr dran.
Angesichts der vielen Anschläge, unter denen längst nicht nur Europäer leiden mussten, ist man versucht, empört aufzuschreien. Denn die Tatsache, dass es in Syrien überhaupt möglich war, ein islamistisches Terrorparadies zu errichten, hat ja doch erheblich mit dem von den USA geführten Irak-Krieg im Jahr 2003 und dem daraus folgenden Machtvakuum in der Region zu tun.
Mit Diplomatie hat das nichts zu tun
Aber Empörung hilft selten weiter, schon gar, wenn sie sich aus der Rhetorik des US-Präsidenten speist. Natürlich: Die Art, wie die Forderung erhoben wurde, ist kontraproduktiv, mit Diplomatie haben solch nächtliche Tweets nichts zu tun. Dafür gibt es andere Kanäle.
Doch schüttelt man die Empörung ab, wird deutlich, dass es wohl genau so kommen wird. Viele in Syrien gefangene deutsche, britische oder französische Staatsbürger werden am Ende in ihren Heimatländern vor Gericht gestellt werden. Denn Staaten sind für ihre Bürger verantwortlich, ob es nun "Heilige" oder "Terroristen" sind, wie der grüne Außenpolitiker Omid Nouripour treffend sagt.
Darum schiebt Deutschland straffällig gewordene Ausländer in ihre Heimatländer ab. Und darum wurden die USA dafür kritisiert, dass sie nach 9/11 das Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba errichteten.
Was allerdings verwundert, ist die Aussage des Auswärtigen Amtes, man habe gar keine eigenen Erkenntnisse über deutsche Staatsbürger in syrischen Gefängnissen. Erst im vergangenen Jahr, als der damalige Verteidigungsminister James Mattis die US-Forderung schon einmal erhob, hatten auch deutsche Sicherheitsexperten in Brüssel über dieses Problem diskutiert.
Da war von knapp 100 ehemaligen IS-Anhängern und Kindern aus Deutschland die Rede. Das Problem wird sich seitdem nicht in Luft aufgelöst haben. Und darum gilt auch hier: Empörung hilft im Umgang mit Trump nicht weiter. Und – gespielte oder tatsächliche – Ahnungslosigkeit schon gar nicht.