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Wohin treibt die EU? Die Europäische Union steht vor wichtigen Weichenstellungen.
© imago/Ralph Peters

Handelsstreit, Italien, Spanien: Europa muss sich neu sortieren

Für die EU kommt derzeit alles auf einmal: Der Handelsstreit mit den USA, die Populisten-Regierung in Rom und der Machtwechsel in Madrid.

Es sind gleich mehrere Entwicklungen, welche die EU unter Druck setzen: Von außen sieht sich die Gemeinschaft endgültig herausgefordert, seit US-Präsident Donald Trump Strafzölle für Stahl- und Aluminiumimporte aus der EU verhängt hat. Im Inneren der Euro- Zone könnte die Regierung der nationalistischen Lega und der Fünf-Sterne-Protestbewegung, die am Freitag in Rom vereidigt wurde, neue Unruhe auslösen. Bewegung kam unterdessen in die Parteienlandschaft in der EU angesichts eines Machtwechsels in Spanien. In Madrid löst der Sozialist Pedro Sanchez im Amt des Ministerpräsidenten den in eine Korruptionsaffäre verwickelten Konservativen Mariano Rajoy ab. Rajoy wurde am Freitag im Parlament durch ein Misstrauensvotum abgewählt.

Im Handelsstreit mit den USA warnte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström US-Präsident Trump vor einer weiteren Eskalation. Die von Trump angedrohten Strafzölle auf europäische Autos könnten „enorme Schäden“ in der EU, aber auch in den USA anrichten, sagte Malmström am Freitag in Brüssel.

Gegenmaßnahmen könnten am 20. Juni verhängt werden

Die von der EU bereits seit Längerem angekündigten Gegenmaßnahmen für die US-Schutzzölle auf Stahl und Aluminium könnten nach Angaben der EU-Kommission frühestens am 20. Juni verhängt werden. Die Liste der von den EU-Gegenmaßnahmen betroffenen US-Güter – darunter Bourbon-Whiskey, Erdnussbutter und Harley-Davidson-Motorräder – wird laut Malmström mit den EU-Mitgliedstaaten beraten. Letztlich liegt die EU-Handelspolitik aber in der Hand der Brüsseler Kommission.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte im „Deutschlandfunk“, die Antwort der EU auf Trumps Schutzzölle müsse „angemessen“ sein. Die europapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Brantner, forderte Altmaier auf, „keinen deutschen Alleingang“ zu betreiben. „Altmaier darf keine Neben- und Shuttlediplomatie betreiben“, sagte sie dem Tagesspiegel. Unter den EU-Staaten zeichnen sich im Handelsstreit Divergenzen ab: Deutschland, das von den US-Schutzzöllen stärker betroffen ist als etwa Frankreich, hat Interesse an einem maßvollen Vorgehen der EU-Kommission.

In Italien ist unterdessen die Regierungsbildung der Lega und der Fünf- Sterne-Bewegung unter Dach und Fach. Der neue Regierungschef Giuseppe Conte und sein Kabinett leisteten bei Staatspräsident Sergio Mattarella in Rom ihren Amtseid. Der neuen Regierung gehören auch der Lega-Chef Matteo Salvini im Amt des Innenministers sowie der Fünf-Sterne-Vorsitzende Luigi Di Maio als Minister für wirtschaftliche Entwicklung an. Während Ministerpräsident Conte eher als unbeschriebenes Blatt gilt, dürften die künftige Regierung inhaltlich vor allem durch die Parteichefs Salvini und Di Maio geprägt werden. Beide verfolgen einen EU-kritischen Kurs. Dies gilt auch für den neuen Finanzminister Giovanni Tria und den Minister für Europäische Angelegenheiten, Paolo Savona.

Kontroverse um Junckers Äußerungen

Eine Kontroverse lösten in Brüssel Äußerungen von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker über das Verhältnis zwischen Brüssel und Rom aus. Juncker hatte am Donnerstag gesagt, er „akzeptiere nicht mehr, dass alles, was im Süden Italiens, im Mezzogiorno, schiefgeht, dadurch erklärt wird, dass die Europäische Union oder die Europäische Kommission nicht genug täte“. Der Kommissionschef forderte weiter, dass sich die Italiener mehr um die armen Regionen Italiens kümmern müssten. „Das bedeutet mehr Arbeit, weniger Korruption, Ernsthaftigkeit“, sagte Juncker weiter. Der aus Italien stammende EU-Parlamentschef Antonio Tajani wies Junckers Äußerungen zurück.

Machtwechsel in Spanien: Aufwind für Europas Sozialdemokraten?

Der Regierungswechsel in Madrid könnte indes Aufwind für Europas Sozialdemokraten bringen, die seit der Präsidentschaftswahl in Frankreich und der Bundestagswahl in die Defensive geraten sind. Der designierte Regierungschef, der Sozialist Sanchez, muss allerdings nun zeigen, wie er das größte Problem Spaniens – den Streit zwischen der Zentralregierung in Madrid und den sezessionsbereiten Katalanen – lösen will.

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