Gauck verweigert die Unterschrift: Euro-Rettungsschirm kommt später
Bundespräsident Gauck unterschreibt das Gesetz für den dauerhaften europäischen Rettungsschirm auf Bitten des Verfassungsgerichts vorerst nicht. Der Grund sind einige Eilanträge, unter anderem von den Linken. Für die Märkte ist das eine schlechte Nachricht: Drohen Turbulenzen?
Der dauerhafte europäische Rettungsschirm ESM wird nicht wie geplant am 1. Juli in Kraft treten. Das Bundespräsidialamt kündigte am Donnerstag an, das Gesetz zur Ratifizierung des Rettungsschirms vorerst nicht zu unterschreiben. Darum hatte das Bundesverfassungsgericht Bundespräsident Joachim Gauck zuvor gebeten. Hintergrund sind mehrere Eilanträge, unter anderem der Linken, die den ESM für verfassungswidrig halten.
„Das Bundesverfassungsgericht hat heute den Bundespräsidenten vorsorglich gebeten, von einer Ausfertigung der Gesetze zum ESM und zum Fiskalvertrag zunächst abzusehen“, teilte das Amt des Bundespräsidenten mit. Der Bundespräsident beabsichtige, dieser Bitte stattzugeben. Eine Sprecherin des Karlsruher Gerichtes bezeichnete es als „übliche Praxis“, dass der Bundespräsident mit seiner Unterschrift eine Bewertung der Verfassungsrichter abwarte, um keine vollendeten Tatsachen zu schaffen. Die Prüfung des „umfangreichen Materials“ werde einige Wochen dauern, sagte die Sprecherin.
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Deutschland ist zwar unter den ersten ESM-Ländern, die ein entsprechendes Gesetz ratifizieren wollen. Bei einer Verschiebung über den 1. Juli hinaus werden dennoch Unsicherheiten an den Finanzmärkten erwartet. Zu einem möglichen Hilfsantrag von Spanien hieß es allerdings in der Koalition, der Rettungsschirm EFSF verfüge über ausreichend Mittel. Dennoch wies Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) die Karlsruher Richter darauf hin, „sehr wohl ab(zu)wägen, wie wichtig es ist, dass wir gerade im Hinblick auf die Beruhigung der Märkte jetzt zu Entscheidungen kommen“.
Kauder forderte Gauck in der ARD auf, das Gesetz trotz der Bedenken aus Karlsruhe zu unterschreiben. „Der Bundespräsident bekräftigt mit seiner Unterschrift, dass ein Gesetzgebungsverfahren formal richtig durchgeführt worden ist. Nach herrschender Rechtsauffassung prüft der Bundespräsident nicht inhaltlich, ob ein Gesetz verfassungsmäßig ist. Deswegen kann er unterschreiben, und ich würde mir auch wünschen, dass er unterschreibt.“
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, bezeichnete eine mögliche Verschiebung des ESM angesichts der anhaltenden Turbulenzen in der Euro-Zone als „schlechte Nachricht“. Es erweise sich als „schlimmer Fehler“, dass die Bundesregierung die Ratifizierung des ESM so spät in Angriff genommen habe.
Nach heftigen Auseinandersetzungen hatten sich Vertreter von Koalition und Opposition am Donnerstagmorgen auf einen „Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung“ geeinigt, den SPD und Grüne als Voraussetzung für ihre Zustimmung zum Fiskalpakt kommenden Freitag sehen. Der Pakt soll am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden. Er beinhaltet unter anderem Pläne für eine europäische Wachstumsstrategie wie auch die Verpflichtung der Bundesregierung, sich beim EU-Gipfel nächste Woche für eine Finanztransaktionssteuer einzusetzen. Den vor allem von den Grünen geforderten Altschuldentilgungsfonds wird es hingegen vorerst nicht geben. Auch steht noch eine Einigung zwischen der Bundesregierung und den Ländern aus. Für den Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin in Europa müssen Bundestag und Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit zustimmen.