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Reisende steigen in Köln in einen Thalys-Schnellzug nach Paris ein.
© dpa

Nach Anschlagsversuch in Schnellzug: EU-Verkehrspolitiker Michael Cramer gegen Durchlöcherung des Schengen-Abkommens

Der belgische Regierungschef Charles Michel hat Ausweiskontrollen in grenzüberschreitenden Zügen gefordert. Der Grüne Michael Cramer ist dagegen.

Zunächst war es die Flüchtlingskrise, die das System der offenen Grenzen in Europa im so genannten Schengen-Raum auf die Probe stellte. Seit dem nur knapp verhinderten Anschlag in einem Thalys-Schnellzug von Amsterdam nach Paris melden sich in der Debatte um die mögliche Beschränkungen im Schengen-Raum inzwischen nicht nur jene zu Wort, die Flüchtlinge an den Grenzen kontrollieren wollen. So stellte Belgiens Premierminister Charles Michel nach dem vereitelten Anschlag den Grundsatz des freien Personenverkehrs im Schengen-Raum in Frage. Er forderte Ausweiskontrollen, wie man sie vom Eurostar-Zug zwischen dem europäischen Festland und London kennt. „Es geht nicht darum, Freiheiten einzuschränken, sondern etwas gegen eine Bedrohung zu unternehmen“, rechtfertigte sich Michel.
Michael Cramer, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europaparlament, wies den Vorstoß Michels zurück. „Die Gefahr eines Anschlags besteht ja nicht nur in grenzüberschreitenden Zügen, sondern bei rein nationalen Verbindungen“, sagte der Grünen-Politiker dem Tagesspiegel zur Begründung. Ähnlich wie dem Flüchtlingsproblem könne man auch der Bedrohung durch den Terrorismus nicht auf nationaler Ebene, sondern nur mit EU-weiten Ansätzen begegnen, so Cramer. Den Vorschlag, das Schengen-Abkommen wegen der Beinahe-Katastrophe im Thalys-Schnellzug auf den Prüfstand zu stellen, halte er jedenfalls für falsch, sagte er.

Das Recht[...] sich innerhalb der EU frei zu bewegen und der Anspruch, bei der Überschreitung einer Staatsgrenze nicht kontrolliert zu werden, sind zwei Dinge, die nichts miteinander zu tun haben. Ständige Grenzkontrollen hindern niemanden, der dazu berechtigt ist, daran, die Grenze zu überschreiten.

schreibt NutzerIn kleopatra

Brüssel hat kein Problem mit stichprobenartigen Sicherheitschecks

In Brüssel erklärte eine Sprecherin der EU-Kommission am Dienstag, dass nichts gegen Sicherheitskontrollen in Zügen spreche. Allerdings bleibe die Frage der Sicherheit ein „nationales Vorrecht“. Das Schengen-Abkommen hält die EU-Kommission derweil für „unverhandelbar“. Die Vereinbarung regelt die Reisefreiheit ohne Grenzkontrollen. Das Schengen-Abkommen gilt in 22 EU-Staaten; Großbritannien, Irland und Zypern nehmen nicht daran teil, Bulgarien, Rumänien und Kroatien nur teilweise. Zudem gehören mehrere Nicht-EU-Staaten wie die Schweiz, Norwegen und Island ebenfalls zum Schengen-Raum.
Wegen der Flüchtlingskrise war bereits zuvor eine Debatte darüber entbrannt, ob der Wegfall der Grenzkontrollen im Schengen-Raum noch aufrecht erhalten werden kann. Am Wochenende hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) noch einmal bekräftigt, dass die Bundesregierung am Schengen-Abkommen festhalte. „Wir wollen offene Grenzen, das ist eine große Errungenschaft, die wir in Europa haben“, hatte de Maizière gesagt. Allerdings hatte er angesichts der ungleichmäßigen Verteilung der Flüchtlinge in der EU auch hinzugefügt, dass er „Debatten über neue Grenzkontrollen“ nicht ausschließen könne.

Derweil regt sich in mehreren Schengen-Mitgliedstaaten Widerstand gegen das vor 30 Jahren geschlossene Abkommen. In der Eidgenossenschaft plant die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) eine Volksinitiative. Mit der Initiative will sie eine Verankerung des Satzes „Die Schweiz kontrolliert ihre Grenzen eigenständig“ im Grundgesetz erreichen. Es wäre das Ende ihrer Schengen–Mitgliedschaft. Auch innerhalb der EU werden die Stimmen der Kritiker lauter. Österreichs Außenminister Sebastian Kurz sieht „große Probleme“ mit dem System: „Es funktioniert zumindest im Moment nicht“, gab der 28-Jährige zu bedenken.

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