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Der dänische Klimaschutzminister Martin Lidegaard will das Geschacher um die EU-Energieeffizienzrichtlinie noch unter dänischer Ratspräsidentschaft abschließen. Dafür nimmt er in Kauf, dass die Richtlinie deutlich weniger ambitioniert ausfällt, als es nötig wäre, um das EU-Effizienzziel bis 2020 zu erreichen.
© AFP

Energie:  EU senkt Effizienzziel

Die Verhandlungen über die umstrittene Energieeffizienzrichtlinie der EU sollen diese Woche enden. Deutschland untergräbt die Wirkung seit Monaten - und hat auch in der bisher letzten Verhandlungsrunde noch dagegengestimmt.

Die Europäische Union wird ihr 2007 unter deutscher Ratspräsidentschaft gestecktes Ziel, Energie um 20 Prozent besser zu nützen, wohl nicht erreichen. Dänemark jedenfalls, das die EU-Ratspräsidentschaft innehat, scheint an einen Erfolg der Energieeffizienzrichtlinie inzwischen nicht mehr zu glauben und will deshalb Ausnahmen vom ursprünglichen Vorschlag in einem Umfang von 20 Prozent der Energieeinsparung zulassen, um die skeptischen Staaten zu überzeugen. Der dänische Klimaschutzminister Martin Lidegaard will das Thema bis Ende des Monats vom Tisch haben. Dann endet die dänische Ratspräsidentschaft und Zypern übernimmt.

Lidegaard ist dem deutschen Wirtschaftsminister weit entgegengekommen, obwohl er selbst von dem Vorschlag, einen verpflichtenden Energieeffizienzmarkt zu schaffen, überzeugt ist. EU-Energiekommissar Günther Oettinger hatte vorgeschlagen, die Energiehändler zu verpflichten, ihre Kunden jedes Jahr im Umfang von 1,5 Prozent ihrer Energiehandelsumsätze investieren zu lassen. Genau so hat Dänemark das bereits seit vier Jahren geregelt. „Die Industrie hat sich am Anfang natürlich gewehrt“, sagte Lidegaard dem Tagesspiegel. „Aber nun hat uns die Industrie aufgefordert, von 1,5 auf drei Prozent zu gehen.“

In Dänemark hat die Regelung dazu geführt, dass vor allem die Energieeffizienz in den Unternehmen stieg. Für die Energieversorger war es ein Leichtes, Großkunden zu beraten, wie sie ihren Energieverbrauch senken könnten. Die Erhöhung des dänischen Effizienzziels soll nun dazu führen, dass auch in die energetische Sanierung von Häusern öfter investiert wird. Dafür muss freilich mit unzähligen Partnern verhandelt werden. Den deutschen Widerstand gegen die Effizienzrichtlinie kann sich Lidegaard auch nach monatelangen Verhandlungen nicht erklären. Für die dänische Energiewirtschaft sei die Richtlinie ein „Einstieg in ein neues Marktsegment“ gewesen.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte die Richtlinie als „Wachstumsbremse“ gebrandmarkt. Der luxemburgische Europaabgeordnete Claude Turmes (Grüne) vermutet allerdings den Widerstand deutscher Energiekonzerne gegen eine Änderung ihres Geschäftsmodells dahinter. In Großbritannien dagegen bieten die deutschen Energiekonzerne nach einem ähnlichen Modell Hausbesitzern Hilfe bei der Sanierung ihrer Häuser an – in Deutschland wehren sie sich aber vehement gegen Investitionen in die Energieeffizienz. Turmes ist Berichterstatter des Parlaments für das Thema. Er rechnet in dieser Woche mit einer Einigung. Dass sie ein großer Wurf wird, glaubt er nicht: Deutschland hat in der letzten Verhandlungsrunde vergangene Woche wieder gegen den dänischen Kompromiss gestimmt.

Am 15. Juni soll der Energieministerrat die Richtlinie endgültig billigen, damit sie beim EU-Gipfel Ende Juni beschlossen werden kann. Sollte der Richtlinienentwurf in die zyprische Präsidentschaft fallen, rechnet kaum jemand damit, dass sie vor ihrer nächsten Revision 2014 noch in Kraft tritt.

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