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Im EU-Parlament in Straßburg werden nach dem Brexit weniger Abgeordnete sitzen.
© imago stock&people

Verfassungsausschuss: EU-Parlament soll nach Brexit kleiner werden

Der Verfassungsausschuss des Europaparlaments beschließt den Wegfall der meisten britischen Mandate nach dem Brexit im März 2019.

Der Brexit wirft im Europaparlament seine Schatten voraus. Weil nach aller Voraussicht Großbritannien bei der nächsten Europawahl im Frühjahr 2019 nicht mehr dabei ist, sollen dann nur noch 705 Abgeordnete statt bisher 751 ein Mandat in Straßburg erhalten. Dies beschloss der Verfassungsausschuss des Europaparlaments am Dienstag mit breiter Mehrheit. Der Beschluss muss noch bei einer Abstimmung des Plenums im Februar bestätigt werden.

Die Verkleinerung des EU-Parlaments ist eine Folge des Brexit im März 2019. Wegen des Wegfalls der 73 britischen Mandate stellte sich den Abgeordneten im EU-Parlament die Frage, was sie mit den frei werdenden Sitzen anstellen sollen. Die Sitze im Europaparlament sind nach einem Schlüssel unter den derzeit 28 Mitgliedstaaten aufgeteilt. Der Beschluss des Verfassungsausschusses sieht vor, dass bei der nächsten Europawahl 27 der bisherigen britischen Sitze auf Länder aufgeteilt waren, die sich bislang im Proporz aufgrund der Bevölkerungsgröße benachteiligt sahen. Von der Neuregelung profitieren vor allem Frankreich und Spanien, die jeweils fünf zusätzliche Sitze erhalten sollen. Deutschland erhält keine zusätzlichen Sitze, weil es mit 96 Abgeordneten bereits die maximale Mandatszahl erreicht hat.

CDU und CSU hätten sich einen kompletten Wegfall britischer Mandate gewünscht

Daniel Caspary, der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, zeigte sich angesichts der Entscheidung nicht komplett zufrieden. „Die CDU/CSU hätte es am liebsten gesehen, dass keiner der wegfallenden 73 britischen Sitze neu verteilt worden wäre“, sagte er. Angesichts der über die nun beschlossene Mandatszahl von 705 hinausgehender Begehrlichkeiten aus Frankreich, Italien, Spanien und anderen großen Mitgliedstaaten sei er aber dennoch froh über die Entscheidung des Ausschusses, sagte der CDU-Abgeordnete.

Auch wenn das Europaparlament mit der nächsten Wahl 2019 auf den ersten Blick kleiner wird, dürften aber auf die verbleibenden 27 EU-Staaten Mehrkosten im EU-Haushalt wegen der Ausgaben für die zusätzlich gewählten Abgeordneten zukommen. Aufgrund der Neuregelung wird das EU-Parlament indes künftig kleiner sein als der Bundestag mit seinen 709 Abgeordneten.

Der Verfassungsausschuss plädierte zudem dafür, mindestens 27 zusätzliche Sitze an Kandidaten aus länderübergreifenden Listen zu vergeben. Obwohl sich Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Regierungschefs aus mehreren südeuropäischen Ländern für solche transnationalen Listen stark machen, ist aber unklar, ob dies einerseits im Plenum des Europaparlaments und andererseits auf der Ebene sämtlicher Staats- und Regierungschefs der EU mehrheitsfähig ist.

Streit unter EU-Abgeordneten über transnationale Listen

Im Europaparlament ist der Widerstand gegen länderübergreifende Listen besonders bei den Abgeordneten der CDU und CSU ausgeprägt. So erklärten die CDU-Abgeordneten Rainer Wieland und Elmar Brok, dass solche Listen „eher zu einer Schwächung der Legitimation des Europäischen Parlaments führen“ würden. Gefordert sei vielmehr eine „größere Nähe zum Bürger“. Dagegen beklagte der SPD-Abgeordnete Jo Leinen, dass die EU-Bürger bisher nur Personen und Parteien aus dem eigenen Land wählen können. Dadurch werde im Vorfeld von Europawahlen über alles Mögliche diskutiert, aber oftmals nicht über die Herausforderungen für Europa, so Leinen.

Vorentscheidung beim informellen Gipfel ohne London im Februar

Ob transnationale Listen bei der Europawahl kommen oder nicht, dürfte sich am Verlauf der Diskussion der europäischen Staats- und Regierungschefs bei einem informellen Gipfel ohne Großbritannien am 23. Februar zeigen. Wie sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Diskussion verhalten wird, bleibt abzuwarten. Im Sondierungspapier, das Union und SPD vor eineinhalb Wochen ausgearbeitet hatten, wird zwar die Stärkung des Europaparlaments in Verbindung mit „einem lebendigen Parlamentarismus auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene“ erwähnt. Von transnationalen Listen bei der Europawahl ist keine Rede.

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