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Mehr Transparenz: Der Iran lässt seit einiger Zeit unabhängige und unangemeldete Kontrollen seiner Atomanlangen zu.
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Update

Iran stoppt Urananreicherung: EU lockert Teil der Sanktionen gegen den Iran

Der Iran hat am Montag unter der Aufsicht der Atomenergiebehörde seine Uran-Anreicherung auf 20 Prozent gestoppt. Damit erfüllt die Islamische Republik eine zentrale Forderung des Westens. Im Gegenzug lockern EU und USA einen Teil der Wirtschaftssanktionen - ein Milliardengeschäft.

Es ist ein erster Schritt, der Hoffnung auf ein Ende des Atomstreits weckt: Der Iran hat am Montag seine Uran-Anreicherung gedrosselt und damit das vorläufige, auf sechs Monate befristete Abkommen mit den fünf UN-Vetomächten (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) und Deutschland wie vereinbart in Kraft gesetzt. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien bestätigte am Montag, dass die Islamische Republik damit begonnen habe, die Anreicherung auf 20 Prozent auszusetzen.

"Das ist ein sehr wichtiger Tag für unsere Bemühungen, die friedliche Natur des iranischen Atomprogramms sicherzustellen", hatte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton schon am Morgen verkündet. Entsprechend genau war er choreographiert: Zeitgleich mit dem Treffen der europäischen Außenminister in Brüssel untersuchten Experten der internationalen Atomenergiebehörde im Iran die fraglichen Stätten der Uranreicherung. Erst als von dort das Okay kam, stimmten die Minister der vorbereiteten Lockerung der Sanktionen gegen das Mullah-Regime zu. Mittlerweile verkündeten auch die USA, die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran zu lockern. Die vertrauensbildenden Maßnahmen waren Ende November in einem Aktionsplan vereinbart worden.

Nach der Bestätigung der IAEO erfüllt auch die EU ihre Zusagen

Die Nuklearkontrolleure bestätigten im Verlauf des Tages, dass Teheran seine Zusagen eingehalten hat. Das bereits atomwaffenfähig gemacht Material ist demnach in Brennstäbe umgewandelt oder "verdünnt" worden, damit der sogenannte Isotopengehalt unter fünf Prozent liegt. Zudem seien, so die Wiener Kontrolleure, die Arbeiten am Schwerwasserreaktor in Arak vorläufig eingestellt und auch andernorts keine weiteren Zentrifugen installiert worden.

"Im Gegenzug erfüllen wir unseren Teil der Abmachung", sagte der britische Minister William Hague. Er und seine Amtskollegen verpflichteten sich nicht nur, in den nächsten sechs Monaten keine weiteren Sanktionen gegen den Iran zu verhängen, sondern setzten mit sofortiger Wirkung auch einige der existierenden Strafmaßnahmen für denselben  Zeitraum aus, in dem eine Gesamtlösung im Atomstreit gefunden werden soll. Die Chefverhandlerin Ashton kündigte eine Wiederaufnahme der Gespräche "in den nächsten Wochen" an.

Drei Milliarden Euro auf Konten in den USA und der EU werden aufgetaut

Für den Iran ist besonders wichtig, dass rund drei Milliarden Euro an Einnahmen aus dem Ölgeschäft, die auf in den USA oder der EU eingefrorenen Konten liegen, schrittweise für humanitäre Hilfe freigegeben werden sollen. Das beinhaltet Nahrungsmittel, Arznei und medizinisches Gerät. Aus Europa einführen darf der Iran nun wieder Ersatzteile für die zivile Luftfahrt – auch entsprechende Dienstleister etwa von Airbus dürfen wieder vor Ort tätig sein. Außerdem darf das Land nach der Zwangspause petrochemische Produkte sowie Gold und andere Edelmetalle in die Europäische Union exportieren. Die Höchstgrenzen für Geldgeschäfte, die den Handel zwischen EU und Iran finanzieren, wurden aus diesem Grund verzehnfacht. 

„Der Kern der Sanktionsarchitektur bleibt bestehen“

Kontrolleure der IAEO besichtigen die Urananreicherungsanlagen im Iran.
Kontrolleure der IAEO besichtigen die Urananreicherungsanlagen im Iran.
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Schiffe, die unter der Flagge eines EU-Staates fahren, sind mit dem Beschluss vom Montag aufs Neue berechtigt, iranisches Öl zu laden. Damit verbundene Versicherungsgeschäfte für Tanker dürfen ebenfalls getätigt werden. Anlaufen dürfen die europäischen Reeder allerdings nur Länder, die sich auch bisher nicht am Ölembargo gegen den Iran beteiligt haben.

"Der Kern der Sanktionsarchitektur bleibt bestehen", heißt es in einem Papier des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Der Brite Hague verteidigte den Beschluss daher gegen die Kritik, man komme Teheran zu weit entgegen: "Die Erleichterungen sind begrenzt und verhältnismäßig."

Der Westen und Israel verdächtigen den Iran, im Rahmen seines Atomprogramms an Nuklearwaffen zu arbeiten. Für deren Bau ist hoch angereichertes Uran erforderlich. Der Iran bestreitet die Vorwürfe und hat immer wieder erklärt, sein Programm diene lediglich zivilen Zwecken.

Der Streit um das Atomprogramm des Iran tobt seit zehn Jahren

Seit mehr als zehn Jahren wird über die nuklearen Ambitionen des Iran gestritten. Vor allem unter Staatschef Mahmud Ahmadinedschad waren die Gespräche praktisch zum Erliegen gekommen. Dieser hatte sich mehrfach geweigert, die Forderungen des Westens nach Transparenz und unabhängigen Kontrollen zu erfüllen. Zudem drohte der Holocaustleugner dem "zionistischen Gebilde" Israel immer wieder mit Vernichtung.

Unter dem neuen, moderaten Präsidenten Hassan Ruhani gab der Iran allerdings seine Konfrontationshaltung auf und begann, auf diplomatischer Ebene zu kooperieren. Im November kam dann in Genf das Übergangsabkommen zustande, das auch vorsieht, innerhalb der kommenden sechs Monate eine endgültige Lösung für den Atomstreit zu finden. Während der Westen trotz aller Skepsis dem Iran eine Chance geben will, ist Israels Regierung kompromisslos dagegen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist überzeugt davon, dass Ruhani ein "Wolf im Schafspelz" ist und Teheran weiterhin versuchen wird, die Atomkraft militärisch zu nutzen. Jerusalem bemüht sich deshalb vor allem in den USA darum, dass die zentralen Sanktionen in Kraft bleiben. Nur so könne der notwendige Druck auf die Islamische Republik aufrechterhalten werden.

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