Verteilung von Flüchtlingen: EU-Kommission verklagt Ungarn, Polen und Tschechien
Sie weigern sich, die Absprachen zur Flüchtlingsaufnahme auf EU-Ebene umzusetzen. Nun zieht die EU-Kommission gegen drei Staaten vor Gericht.
Die EU-Kommission reicht gegen Ungarn, Polen und Tschechien wegen der Weigerung, Flüchtlinge aufzunehmen, Klage beim Europäischen Gerichtshof ein. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die drei Mitgliedstaaten wie beschlossen Flüchtlinge aus den Hauptankunftsstaaten Italien und Griechenland aufnehmen wollten, teilte die Behörde am Donnerstag mit.
„Ich habe viel versucht, die drei Mitgliedstaaten davon zu überzeugen (...), zumindest ein bisschen Solidarität zu zeigen“, sagte der für Migrationsfragen zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos am Donnerstag in Brüssel. Leider habe es die bislang aber nicht gegeben. „Zu meinem Bedauern musste ich den nächsten Schritt tun“, sagte Avramopoulos.
Die EU-Innenminister hatten im September 2015 gegen den Widerstand osteuropäischer Staaten die Umverteilung von 120.000 Asylbewerbern beschlossen. Sie sollten bis September 2017 nach einem Quotensystem von Italien und Griechenland in andere Mitgliedstaaten gebracht werden. Gerichtsverfahren beim Europäischen Gerichtshof können zu Zwangsgeldern oder einmaligen Geldstrafen für die betroffenen Staaten führen.
Ungarn und Polen haben bis heute noch überhaupt keinen Flüchtling aus dem Umverteilungsprogramm aufgenommen, Tschechien lediglich zwölf. Trotz Auslaufen des Programms gilt die Pflicht zur Aufnahme laut Kommission für Flüchtlinge weiter, die bis September in Italien und Griechenland angekommen sind.
Avramopoulos zeigte sich trotz der Klage weiter zum Dialog bereit. Er bedauerte, dass es bei diesem "sensiblen Thema" so weit gekommen sei, sagte er beim Treffen der EU-Innenminister in Brüssel. "Ich glaube, dass es noch Raum und Zeit für einen Kurswechsel gibt. Wenn sie es tun, werden wir das stoppen."
Die EU-Kommission hatte im Juni Vertragsverletzungsverfahren gegen die drei Länder eröffnet. Ungarn war dann im September zusammen mit der Slowakei mit einer Klage gegen die Umverteilung vor dem Europäischen Gerichtshof gescheitert.
De Maizière: Kaum Fortschritte bei Flüchtlingsverteilung
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) beklagte am Mittwoch, dass es nur wenig Fortschritte bei den Bemühungen um einen europäischen Kompromiss zur Flüchtlingsumverteilung gebe. Er begrüße die Vorschläge der estnischen EU-Ratspräsidentschaft, ein Drei-Phasen-Modell einzuführen, sagte er am Donnerstag vor dem EU-Innenministerrat in Brüssel. Das Prinzip sei richtig: Je größer die Zahl der ankommenden Asylbewerber in Europa sei, desto größer die Solidarität. Doch sollte es keine Fortschritte im ersten Halbjahr 2018 geben, so wäre die Aufgabe eines gemeinsamen europäischen Asylsystems „ernsthaft gefährdet“, so der Minister.
Zudem schloss de Maiziere Entscheidungen im EU-Innenministerrat mit qualifizierter Mehrheit nicht aus. „In anderen Politikfeldern ist es ganz normal und üblich, dass mit Mehrheit entschieden wird“, sagte er. Einstimmigkeit sei ein „hoher Wert“, aber wenn es eine Mehrheit für ein „gutes Ergebnis“ geben sollte, könnten die Innenminister auch mit Mehrheit entscheiden. Eine qualifizierte Mehrheit ist erreicht, wenn 16 der 28 Mitgliedstaaten einen Vorschlag unterstützen, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. (AFP, KNA)