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Bulgaren und Rumänen vor der baufälligen Eisfabrik in Berlin, in der sie vorher lebten. Die Entscheidung der EU-Kommission dürfte die Debatte um die sogenannte Armutszuwanderung erneut anfachen.
© dpa
Update

Sozialleistungen für Migranten: EU-Kommission fordert Hartz IV für arbeitslose Zuwanderer

Deutschland darf arbeitslose Zuwanderer aus der EU nicht von Hartz-IV-Leistungen ausschließen, kritisiert die EU-Kommission laut einem Zeitungsbericht. Sollten die europäischen Richter der Kommission folgen, hätten Migranten künftig bessere Chancen auf Sozialleistungen - auch wenn sie keine Arbeitsstelle suchen. Die CSU tobt und widerspricht.

Die EU-Kommission hat einem Medienbericht zufolge scharfe Kritik am Ausschluss arbeitsloser EU-Bürger von Hartz-IV-Leistungen geäußert: Deutschland dürfe arbeitslosen Zuwanderern aus der Europäischen Union nicht grundsätzlich Sozialleistungen verweigern, erklärte die EU-Kommission laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung". In einer Stellungnahme zu einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erklärt die Kommission demnach, der Ausschluss von EU-Zuwanderern von Hartz-IV-Leistungen sei mit europäischem Recht nicht vereinbar.

Nach den geltenden Regeln erhalten nur Arbeitnehmer und Selbständige Hartz-IV-Leistungen, nicht aber Migranten, die aus anderen Gründen ins Land kommen. Die Kommission bemängelt laut dem Bericht den generellen Ausschluss vieler EU-Ausländer von Hilfen im deutschen Sozialrecht. Sollten die europäischen Richter der Kommission folgen, so hätten Zuwanderer künftig deutlich bessere Chancen auf Sozialleistungen, selbst dann, wenn sie keine Arbeitsstelle suchen.

CSU: Kommission hat keine Zuständigkeit

Aus der CSU kam umgehend heftiger Widerspruch: „Ich warne die Kommission vor einer Einmischung in diesem Bereich ohne jegliche Zuständigkeitskompetenz“, erklärte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber am Freitag in Brüssel. "Die nationalen Sozialsysteme sind und bleiben in der Zuständigkeit der Nationalstaaten." Das Bundesarbeitsministerium machte in Berlin deutlich, dass Deutschland eine andere Rechtsauffassung habe und daran auch festhalten werde. Nach deutschem Sozialrecht sind EU-Ausländer in den ersten drei Monaten generell von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen - abgesehen von begrenzten Ausnahmen. Auch nach dem ersten Vierteljahr erhalten sie keine Leistungen, sofern sie nicht durch einen Job eigene Ansprüche erwerben. Auch frühere Äußerungen der EU-Kommission gehen in eine andere Richtung. "Das EU-Recht sagt ganz klar: Es gibt ein Recht auf Freizügigkeit, aber kein Recht auf Einwanderung in die nationalen Sozialsysteme", hatte EU-Justizkommissarin Viviane Reding noch kurz vor Weihnachten gesagt. Freizügigkeit heiße nicht, frei Sozialleistungen zu beziehen.

In dem Verfahren vor dem EuGH geht es dem Bericht zufolge um eine 24-jährige Rumänin und ihren kleinen Sohn, die seit 2010 dauerhaft in Deutschland leben. Die Frau wohnte demnach jahrelang bei ihrer Schwester in Leipzig und erhielt Kindergeld sowie einen Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt. Die Mutter nahm keine Arbeit auf und beantragte Hartz-IV-Leistungen, was das Jobcenter ablehnte. Dagegen klagte die Rumänin. Das Sozialgericht Leipzig legte den Fall im Juni dem EuGH zur Klärung vor.

Die Kommission betont laut der "SZ" das europarechtliche Gebot, dass EU-Bürger in der gesamten Union gleich behandelt werden sollen. Das Bundesarbeitsministerium dagegen bekräftigte erst kürzlich, grundsätzlich am Ausschluss arbeitssuchender und arbeitsloser Zuwanderer von Sozialleistungen festhalten zu wollen, um aufwendige Einzelfallprüfungen zu vermeiden. Die Stellungnahme der EU-Kommission dürfte die politische Debatte um sogenannte Armutszuwanderer aus Rumänien und Bulgarien weiter anfachen. (AFP/dpa)

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