500 Milliarden Euro gegen Corona-Wirtschaftskrise: EU-Finanzminister einigen sich auf Rettungspaket
Es war schwierig. Doch jetzt steht die europäische Antwort auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie. Der Streit um Corona-Bonds aber wurde vertagt.
Die EU-Finanzminister haben sich in der Corona-Krise auf milliardenschwere Hilfen für gefährdete Staaten, Firmen und Jobs geeinigt. Dies teilten Teilnehmer nach dem Video-Plenum am späten Donnerstagabend auf Twitter mit. Der Kompromiss gelang erst nach zwei Verhandlungsrunden und heftigem Streit über die Bedingungen des Pakets im Umfang von rund 500 Milliarden Euro. Das Streitthema Corona-Bonds wurde zunächst ausgeklammert.
„Heute ist ein großer Tag europäischer Solidarität und auch Stärke“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nach Ende der langwierigen Verhandlungen. „Es geht um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, es geht um die Sicherheit von Arbeitsplätzen und es geht darum, dass viele Unternehmen in dieser Krise bestehen bleiben.“
Der französische Finanzminister Bruno Le Maire sprach auf Twitter von einem exzellenten Kompromiss. 500 Milliarden Euro stünden sofort bereit. Auch ein neuer Fonds zur Wiederbelebung der Wirtschaft werde kommen. Europa habe sich entschieden und zeige, dass es der Krise gewachsen sei.
Enthalten sind drei Elemente: vorsorgliche Kreditlinien des Eurorettungsschirms ESM von bis zu 240 Milliarden Euro, die besonders von der Pandemie betroffenen Staaten zugute kommen könnten; ein Garantiefonds für Unternehmenskredite der Europäischen Investitionsbank EIB, der 200 Milliarden Euro mobilisieren soll; und das von der EU-Kommission vorgeschlagene Kurzarbeiter-Programm namens „Sure“ um Umfang von 100 Milliarden Euro.
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Bis zuletzt umstritten waren die Bedingungen für den Zugang zu den ESM-Kreditlinien. Die Niederlande wollten ursprünglich scharfe Vorgaben, was Italien und andere Länder aber ablehnten. Als Kompromiss wurde nun vereinbart, dass die einzige Bedingung für den Zugang zu den Kreditlinien die Verpflichtung ist, dass das Geld direkt oder indirekt zur Finanzierung von Gesundheitskosten, Heilung und Vorsorge gegen Covid-19 verwendet wird.
Der ESM war 2012 auf dem Höhepunkt der Euroschuldenkrise gegründet worden. Gesichert durch Einlagen der Eurostaaten nimmt er Kredite am Kapitalmarkt auf und reicht sie unter bestimmten Auflagen an Staaten weiter, die selbst am Markt höhere Zinsen zahlen müssten oder keine Kredite mehr bekämen.
Nun einigten sich die Minister auch auf die Schaffung eines befristeten „Recovery Funds“ zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung. Dieser soll die Solidarität der EU mit den in der Pandemie am meisten betroffenen Staaten zum Ausdruck bringen und den außerordentlich hohen Kosten der Krisenbewältigung Rechnung tragen. Details sollen aber erst noch geklärt werden, darunter die Finanzierungsquellen.
Einige Staaten wollen dafür Gemeinschaftsanleihen ausgeben, während andere - darunter Deutschland - solche Corona-Bonds ablehnen. Der Streit darüber wurde also letztlich vertagt.
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Merkel will keine Corona-Bonds
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich am Donnerstag vor der entscheidenden Verhandlungsrunde hinter das Rettungspaket mit den drei Elementen ESM, EIB und „Sure“ gestellt, Corona-Bonds aber nochmals eine Absage erteilt. Es gebe so viele andere Möglichkeiten, die nun dringend nötige Solidarität in Europa zu zeigen, sagte die CDU-Politikerin. Deutschland sei dazu bereit und verpflichtet.
Die drei Punkte aus dem Rettungspaket summierten sich auf viele Milliarden, sagte die Kanzlerin. Zusätzlich müsse es nach der Krise ein Konjunkturprogramm für Wirtschaft und Arbeitsplätze geben. „An dem wird sich Deutschland auch beteiligen“, sagte sie. Auch die Beratungen über den EU-Etat stünden jetzt unter ganz anderen Vorzeichen. (dpa)