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Anhänger der Opposition protestieren gegen mutmaßlichen Wahlbetrug.
© Luis Tato/AFP
Update

Armee schießt scharf auf Oppositionelle: EU-Beobachter nennen Wahl in Simbabwe nicht fair

Die Wahlen in Simbabwe sind den EU-Wahlbeobachtern zufolge ohne Gewalt und frei abgelaufen, aber nicht fair. Bei Protesten erschoss die Armee mindestens einen Mann.

Die EU-Beobachtermission in Simbabwe hat den Wahlen erhebliche Mängel attestiert. Der Chef der EU-Beobachter, der deutsche CDU-Politiker Elmar Brok, sprach am Mittwoch in Harare von "Versuchen, die freie Willensbekundung der Wähler zu untergraben, um ein Votum zugunsten der Regierungspartei sicherzustellen". Wähler seien "Beeinflussungen, sanfter Einschüchterung, Druck und Zwang" ausgesetzt gewesen. "Während die politischen Rechte weitgehend respektiert wurden, gibt es Sorgen hinsichtlich der Gesamtlage und des missbräuchlichen Einsatzes staatlicher Mittel", resümierte Brok.

Die EU-Mission kritisierte in einer Erklärung "ungleiche Wettbewerbsbedingungen und einen Mangel an Vertrauen" in das Wahlverfahren. Im Vergleich zu früher habe sich das "politische Klima" bei den Wahlen aber "verbessert". Besonders hoben die Beobachter hervor, dass die Abstimmung friedlich verlaufen sei.

Opposition befürchtet Wahlbetrug

Bei Protesten gegen einen möglichen Wahlbetrug sind nach Oppositionsangaben mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. Bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften seien mindestens vier weitere Menschen in der Hauptstadt Harare angeschossen worden, sagte der führende Oppositionspolitiker Tendai Biti am Mittwoch. Die Bereitschaftspolizei setzte Wasserwerfer, Gummigeschosse und Tränengas ein. Es waren auch Schüsse zu hören. Panzer, Truppenfahrzeuge des Militärs und Soldaten waren ebenso im Einsatz. Die Opposition befürchtet wegen einer Verzögerung der Bekanntgabe der Ergebnisse der Abstimmung vom Montag einen Wahlbetrug. Die Proteste eskalierten nur wenige Stunden nach deutlicher Kritik internationaler Wahlbeobachter. Die Wahlen liefen nach Ansicht der EU-Beobachter frei und ohne Gewalt ab, doch die Abstimmung war nicht fair.

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Erste Wahlen seit Entmachtung des Diktators Mugabe

Bei der Wahl sicherte sich die Regierungspartei von Präsident Emmerson Mnangagwa nach offiziellen Angaben die Mehrheit im Parlament. Die Zanu-PF komme bislang auf 109 Sitze, teilte die Wahlkommission am Mittwoch mit. Auf die Oppositionspartei entfielen 41 Mandate, über 58 sei noch nicht entschieden. Mnangagwas Gegenkandidat Nelson Chamisa warf der Kommission vor, den Ausgang der Parlamentswahl vorab zu veröffentlichen, damit die Bevölkerung dann eher "gefälschte Ergebnisse" der ebenfalls am Montag abgehaltenen Präsidentenwahl akzeptiere. Die Wahlkommission erklärte später, man werde ab Mittag die Resultate dieser Abstimmung aus den 210 Wahlkreisen einzeln öffentlich machen.

Die Wahlen am Montag waren die ersten seit der Entmachtung des langjährigen Herrschers Robert Mugabe durch das Militär. Bei der Präsidentenwahl traten der 75-jährige Amtsinhaber Mnangagwa - ein früherer Vertrauter Mugabes - und der 40-jährige Anwalt und Pastor Chamisa gegeneinander an.

Regierungspartei gewinnt besonders auf dem Land

Umfragen deuteten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hin. Sollte keiner der Kandidaten mehr als die Hälfte der Stimmen erhalten, findet am 8. September eine Stichwahl statt. Bei der Parlamentswahl würden den zunächst vorliegenden Zahlen zufolge der Zanu-PF noch 30 Mandate für eine Zwei-Drittel-Mehrheit fehlen. Dann könnte sie die Verfassung ändern.

Die Regierungspartei setzte sich den Ergebnissen zufolge vor allem in ländlichen Regionen deutlich durch. Die von Chamisa angeführte oppositionelle Bewegung für demokratischen Wandel (MDC) gewann dagegen in den Städten. Die MDC hat der Wahlkommission Parteilichkeit vorgeworfen und über gefälschte Wählerlisten und zwielichtige Stimmzettel geklagt. Wahlbeobachter der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) erklärten, die Abstimmung sei friedlich und ordentlich verlaufen und könne die Demokratie im Lande stärken.

Chamisa gilt als charismatischer Redner

Im November hatte die Armee Mugabe nach 37 Jahren Herrschaft zum Rücktritt gedrängt. Sein Amt übernahm Mnangagwa, ein früherer Geheimdienstchef und Verteidigungsminister. Chamisa gilt als charismatischer Redner und kommt besonders bei jungen und arbeitslosen Wählern gut an.

Mugabe stand seit der Unabhängigkeit Simbabwes von Großbritannien 1980 an der Spitze des Staates. Ihm wurden Korruption und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Mnangagwa versuchte zuletzt, Investoren ins Land zu holen, um die am Boden liegende Wirtschaft anzukurbeln. Viele Investoren hielten sich allerdings bislang mit einem Engagement in dem rohstoffreichen Land zurück, weil sie die Wahlen abwarten wollten. Landenteignungen weißer Farmer hatten Simbabwe in eine tiefe Rezession getrieben. (AFP, dpa, Reuters)

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