„Stalinismus und Staatsterror haben keinen Platz“: EU-Außenminister einigen sich auf weitere Sanktionen gegen Belarus
Der Druck auf Lukaschenko wächst: Wegen der erzwungenen Landung einer Ryanair-Maschine hat die EU neue Wirtschaftssanktionen gegen Belarus beschlossen.
Die EU erhöht den Druck auf den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko. Wegen des Vorgehens gegen die Opposition beschlossen die EU-Außenminister am Montag, 78 weitere Belarussen und acht Einrichtungen mit Sanktionen zu belegen.
Außerdem einigten sich die Außenminister nach der erzwungenen Landung eines Ryanair-Flugzeuges auf einen Grundsatzbeschluss zu Wirtschaftssanktionen, wie er von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) erwartetet worden war. Zu den betroffenen Bereichen gehören demnach der Kali- und Düngemittelbereich, der Energiesektor und auch Finanzdienstleistungen.
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In der Frage der Wirtschaftssanktionen sei nach Vorbehalten einiger Länder noch vor dem Ministertreffen "Einigkeit erzielt" worden, sagte Maas in Luxemburg. Es gehe um Bereiche, die für die Einnahmen der Regierung von Präsident Alexander Lukaschenko "von besonderer Bedeutung" seien, sagte der Bundesaußenminister. "Wir wollen auf die Art und Weise dazu beitragen, dass dieses Regime finanziell ausgetrocknet wird."
Die EU reagiert mit den Wirtschaftssanktionen auf die erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeugs Ende Mai. Die Maschine war auf dem Weg von Athen nach Vilnius gewesen und wurde unter dem Vorwand einer Bombendrohung mit einem Kampfjet zur Zwischenlandung in Minsk gezwungen. Dort wurden dann der im Exil lebende regierungskritische Blogger Roman Protassewitsch und seine aus Russland stammende Freundin Sofia Sapega festgenommen.
Die EU-Staaten haben deshalb bereits ein Flugverbot für Maschinen aus Belarus beschlossen. Österreich, dessen Banken stark in Belarus engagiert sind, hatte vergangene Woche noch Vorbehalte gegen Finanzsanktionen.
"Stalinismus und Staatsterror haben keinen Platz im 21. Jahrhundert"
Außenminister Alexander Schallenberg sagte nun in Luxemburg, sein Land werde auch diese mittragen. "Heute wird es einen einstimmigen Beschluss geben", kündigte er an."Wir müssen nach dieser kaltschnäuzigen Aktion einer staatlichen Luftpiraterie die Daumenschrauben eindeutig anziehen", sagte Schallenberg. Wien sei es aber wichtig gewesen, dass die Wirtschaftssanktionen nicht die Zivilgesellschaft, Nichtregierungsorganisationen oder kleine und mittelständische Unternehmen träfen.
"Wir zeigen ganz klar, dass Stalinismus und Staatsterror keinen Platz mehr haben im 21. Jahrhundert", sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Um weitere Sanktionen zu verhindern, müsse Lukaschenko die 500 politischen Gefangenen freilassen und Neuwahlen nach der umstrittenen und offensichtlich gefälschten Präsidentschaftswahl vom August vergangenen Jahre ansetzen. Dass Lukaschenko dies tue, sei aber kaum zu erwarten.
Weitere Sanktionen könnten folgen, wenn es zu weiteren Provokationen und Menschenrechtsverletzungen komme, sagte Maas. "Das ist auch noch nicht das Ende der Fahnenstange."
Die Wirtschaftssanktionen müssen nach dem Grundsatzbeschluss der Außenminister erst noch im Detail ausgearbeitet werden und rechtlich umgesetzt werden. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis rechnete mit einer formalen Annahme aber bereits "später diese Woche".
Seit der Wahl und dem gewaltsamen Vorgehen gegen die protestierende Opposition hatte die EU bereits Sanktionen gegen 88 Belarussen verhängt, darunter Lukaschenko. Im Dezember wurden zudem sieben staatsnahe Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste gesetzt. Zu einem Kurswechsel brachte dies Lukaschenko nicht.
Das vierte Sanktionspaket wurde am Montag ohne weitere Aussprache in Kraft gesetzt. Gegen die Betroffenen werden Einreiseverbote in die EU verhängt, außerdem werden mögliche Vermögen bei europäischen Finanzinstituten eingefroren. Die meisten der 78 Belarussen und acht Einrichtungen wurden wegen der Unterdrückung der Opposition auf die EU-Sanktionsliste gesetzt. Sieben Betroffene und eine Einrichtung werden Diplomaten zufolge aber wegen des Ryanair-Vorfalls belangt. (AFP)