Spendenaffäre: Es rumort in der AfD
In der AfD regt sich Unmut gegen die betroffenen Spitzenpolitiker. Trotzdem hat Alice Weidel bei der Fraktionsvorstandswahl erst einmal nichts zu befürchten.
Seit einigen Tagen nun kursiert das Papier in der Partei und es sorgt für Ärger. Die gesamte bayerische Landesgruppe der AfD im Bundestag hat unterschrieben, dazu eine Reihe von Landtagsabgeordneten. „Wir sind anders als die Altparteien“ steht da. Und später die Forderung, um die sich jetzt alles dreht: Wer von Spenden oder externer Unterstützung persönlich profitiere, solle auch für „finanzielle Schäden“ persönlich aufkommen, die der Partei dadurch entstehen.
Es ist klar, an wen sich das richtet: Seit Monaten schon stehen die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel, Parteichef Jörg Meuthen und der Europakandidat Guido Reil im Zentrum der AfD-Spendenaffäre. Am Dienstag verschickte die Bundestagsverwaltung die ersten Strafbescheide. Wegen der Unterstützungsleistungen an Meuthen und Reil durch die Schweizer PR-Agentur Goal AG soll die Partei gut 400.000 Euro zahlen. Konsequenzen wegen der mutmaßlich illegalen Spenden an Weidels Kreisverband stehen noch aus. Zur Sicherheit hat die Partei eine Million Euro zurückgelegt, gegen die Bescheide gegen Meuthen und Reil will sie außerdem klagen.
Bislang versuchte man in der AfD allerdings den Eindruck zu vermeiden, dass die Spendenaffäre auch intern für Streit sorgt. Doch tatsächlich rumort es. Das liegt auch daran, dass in der Partei in diesem Jahr wichtige Personalentscheidungen anstehen. Ende des Jahres wird ein neuer Bundesvorstand gewählt, dann wird sich zeigen ob Meuthen im Amt bestätigt wird. Und es zeichnet sich ab, dass die AfD-Fraktion noch vor der parlamentarischen Sommerpause einen neuen Fraktionsvorstand wählen will. Planmäßig würde dies erst im Herbst geschehen.
Derzeit leitet Weidel die Fraktion gemeinsam mit Alexander Gauland, der fest im Sattel sitzt. Und von seinem Wohlwollen ist sie auch abhängig. Derzeit sieht es ganz danach aus, dass er sich wieder im Doppelpack mit ihr zu Wahl stellt. Doch in der Fraktion wird getuschelt, dass das durchaus risikobehaftet sei. Denn niemand wisse, was in der Spendenaffäre noch herauskomme.
Weidel hatte sich im November vergangenen Jahres Gaulands Unmut zugezogen. Damals waren die Spenden aus der Schweiz auf das Konto ihres Kreisverbandes bekannt geworden. Weidel verschwieg zunächst aber, dass es noch weitere Zahlungen gegeben hatte – von einer Stiftung aus den Niederlanden. Gauland sei außer sich gewesen, hieß es intern. Einige Parteikollegen sprachen von einer „Lüge“. „Damals stand Weidel in der Fraktion auf der Kippe. Wenn sie sich noch eine Sache geleistet hätte, wäre es das gewesen“, erzählt ein Abgeordneter.
„Gewaltiges“ Brodeln an der Basis
Zwischenzeitlich beruhigte sich die Lage. Weidel brachte ein Buch zu ihren politischen Positionen heraus mit dem Titel „Widerworte“. Fraktionskollegen vermuteten, dass sie damit ihre Position festigen wollte. Doch viel bewirkt hat die Veröffentlichung nicht. Und nachdem mehrere Medien berichteten, dass die Spenden an Weidels Kreisverband aus dem Umfeld des Immobilien-Milliardärs Henning Conle stammen sollen, kam das schlecht an. Denn wenn AfD-Funktionäre von Superreichen gesponsert werden, passt das nicht ins Bild von der bürgernahen Partei, das die AfD gerne abgeben will.
Ein hochrangiges Fraktionsmitglied, das viel an der Basis unterwegs ist, berichtet davon, dass es dort „gewaltig brodelt“. Es stoße Parteimitgliedern übel auf, dass die AfD nun für das Fehlverhalten einzelner geradestehen solle. „Wenn die Herkunft des Geldes nicht klar ist, sollen Spenden nicht angenommen werden – das ist doch klar“, sagt der Abgeordnete.
Tatsächlich könnte es sein, dass demnächst die Verursacher von Strafzahlungen in der Partei persönlich haftbar gemacht werden. Einen entsprechenden Beschluss hat der AfD-Bundeskonvent getroffen, der politische und organisatorische Fragen regelt. Dieser muss aber noch vom nächsten Parteitag bestätigt werden. Derweilen hat die AfD eine Umfrage in Auftrag gegeben, um herauszufinden, wie sehr die Spendenaffäre der Partei schadet.
Kaum ernste Konkurrenz für Weidel
Dass es in der Fraktion Unzufriedenheit gibt, liegt aber nicht nur an der Spendenaffäre. Für Unmut sorgte beispielsweise auch Weidels Umgang mit dem ehemaligen leitenden Fraktionsmitarbeiter Frank Kral. Nach finanziellen Unregelmäßigkeiten hatte sie ihn von seinen Aufgaben entbunden. Das Problem: Kral ist Schatzmeister in Baden-Württemberg und hat dort und auch in der Landesgruppe im Bundestag Unterstützer. Dass er später als Schatzmeister in Baden-Württemberg sogar wieder gewählt wurde, werteten manche als „Klatsche“ für Weidel.
Doch auch wenn in der Fraktion gegrummelt wird: Zu Weidel gibt es derzeit keinen geeigneten Gegenkandidaten oder Gegenkandidatin. Eine Zeit lang wurde auf Mariana Harder-Kühnel geschaut – die Hessin war Kandidatin für das Amt der Bundestagsvizepräsidentin. Aber nachdem selbst in der eigenen Fraktion einige gegen sie gestimmt haben und das für gewaltige Irritationen gesorgt hat, scheint diese Personalie erst einmal vom Tisch. Und der derzeitige Fraktionsvize Roland Hartwig, der gleichzeitig die Arbeitsgruppe Verfassungsschutz in der Partei leitet, wird zwar als möglicher Kandidat genannt. Aber als ernstzunehmende Konkurrent für Weidel nehmen ihn trotzdem viele nicht wahr.
Insofern hat Weidel die Abwahl bei den Fraktionsvorstandswahlen erst einmal nicht zu befürchten. Vorausgesetzt es kommen keine neuen Enthüllungen in der Spendenaffäre.