Urteil zu Ferienwohnungen in Berlin: Es gibt kein Recht auf Billigtourismus im Kiez
Das Zweckentfremdungsverbot für Wohnungen bleibt in Berlin bestehen - eine richtige Entscheidung. Ein Kommentar.
Aufmischen mit neuen Ideen, das verkrustete System zum Tanzen bringen und die Dehnbarkeit der Regeln strapazieren, bis es ächzt und knackt – ist das nicht sexy? Mit dem Charisma der Revoluzzer kämpfen die Kämpen der shared economy gegen das System. Kaputt machen wollen sie es nicht, erobern vielmehr. So gesehen vollziehen die Multimillionäre der Vermietungsportale im Gerichtsstreit um die Zweckentfremdung von Wohnraum durch Ferienwohnungen nun den Weg durch die Instanzen, die jene Generation vor ihnen auch unternahm. In der ersten Instanz vor dem Verwaltungsgericht scheiterten sie nun: Das Verbot von Ferienwohnungen ist nicht unverhältnismäßig
Jetzt geht’s in die nächste Instanz, kündigten sie an. Zu wünschen ist, dass es ihnen ergeht wie den Umstürzlern vor ihnen: dass sie ihren Platz in der Gesellschaft finden und diese reformieren, ohne dessen Errungenschaften zu zerstören. Denn was der smarte Auftritt der Unternehmer nicht verbergen kann: Wie im Fall des Fahrtenvermittlers Uber verdienen die Portale maximal mit einem daran gemessen minimalen Einsatz, ohne Verantwortung für ihr Tun.
Eine Nachfrage, die die Hoteliers bisher ignorieren
Das sei ihnen gegönnt, bedienen sie doch eine Nachfrage, die die aufgescheuchten Hoteliers ignorieren: Städtereisende mit Kindern, die im Kiez wohnen und sich selbst versorgen wollen. Dass diese Menschen in Berlin bald keine Angebote mehr finden, ist ein Jammer. Die Rechtsexperten des Senats sollten eine Lücke im Gesetz öffnen. Dass der Senat im Übrigen sein Verbot verteidigt, gebietet die Gerechtigkeit. Warum sollten einige Besitzer von Wohnungen an allen Mietrechten vorbei vier Mal so viel verdienen dürfen wie die Rechtstreuen? Warum sollten Häuser, die zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum entstanden, plötzlich Gasthäuser sein – unter Umgehung aller Vorschriften zu Sicherheit und Gewerbe?
Kleinlich wird das nur schimpfen, wer selbst daran verdient und die großen Sorgen Zehntausender nicht kennt, die seit Monaten vergeblich nach einer bezahlbaren Mietwohnung suchen. Es gibt kein Recht, in Mitte zu wohnen, hat ein Regierender mal süffisant gesagt. Es gibt aber auch kein Recht auf Billigtourismus in der Kiezwohnung in Mitte, die mal Mietwohnung war.
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